19. Zwei Briefe von Gauss an Job. Georg Soldner.
[Franz Johann Müller, Johann Georg Soldner der Geodät, München 1914,
S. 149—155. Handschriften im Landesvermessungsamt zu München.]
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Wohlgeborner Herr Steuerrath.
Durch meine Messungen im vorigen Sommer ist die Verknüpfung meiner
Dreiecke mit den ScmjMACHERschen, soweit solche zu meinem Ressort gehören,
ganz vollendet, und nur auf einem oder ein Paar Dänischen Punkten werden
die Messungen von einigen dritten Winkeln nochmals zu wiederhohlen sein. Dies
wird aber keinen merklichen Einfluss auf die Anknüpfung von Altona an meine
Dreiecke mehr haben können. Es trifft sich gerade, dass die kleine Sternwarte des
Hrn. Prof[essor] Schumacher in Altona, welche mit trefflichen Instrumenten ver
sehen ist, nur 15 Meter von dem Meridian der Göttinger Sternwarte abliegt,
nemlich von dem Meridiandurchschnitt, in welchem die REicHENBAcnschen In
strumente aufgestellt sind. Schumacher hat nun bereits seinen Reichenbach-
schen Meridiankreis zu gebrauchen angefangen, und seine bisherigen Beobach
tungen geben eine Polhöhe, die 5" kleiner ist, als die durch meine Dreiecke
aus der Polhöhe von Göttingen abgeleitete.
Obgleich Schumachers Messungen noch kein Definitivresultat geben können,
so ist ihre Anzahl doch schon zu beträchtlich, als dass man annehmen dürfte,
die spätem Beobachtungen würden diesen Unterschied grösstentheils wegschaffen.
Bei meinen Rechnungen habe ich die von Wahlbeck [*)] aus dem En
semble aller brauchbaren Gradmessungen abgeleiteten Dimensionen der Erde
[*) H. Joh. Walbeck, De forma et magnitudine telluris, ex dimensis arcubus meridiani defmiendis,
Aboae 1819, wiederabgedruckt mit einer Einleitung in der Zeitschrift f. Yermessungswesen 1 893, Bd. 22.
S. 426—434].