Beziehungen zum zweiten Hauptsatz der Wärmetheorie. 123
zersetzt, trotzdem nur einen einzigen unabhängigen Be
standteil, weil durch die Menge des Stickstoff auch die
des Wasserstoff und die des Chlor in jeder Phase von
vornherein mitbestimmt ist. Demgemäss kann bei be
liebiger Temperatur und beliebigem Druck Salmiak nur
1 Phase bilden. Wenn aber Salzsäuredampf oder
Ammoniakdampf im Ueberschuss zugesetzt werden, so
entstehen zwei unabhängige Bestandteile; also können
dann in dem gedachten Fall zwei Phasen neben einander
bestehen. Auch durch die Annahme neuer Molekülarten
(wie sie z. B. durch die elektrolytische Dissociations-
theorie vielfach gefordert wird) wird die Zahl der unab
hängigen Bestandteile und somit die der möglichen
Phasen nicht verändert; denn wenn auch dadurch zu
nächst die Zahl der Variabein vermehrt wird, so wächst
zugleich auch die Zahl der möglichen Zustandsänderungen
und damit auch die der Gleichgewichtsbedingungen
(§ 156) in gleicher Weise.
161. Die GißBs’sche Phasenregel hat besonders durch
die Untersuchungen von Bakhuis Roozeboom (205) eine
weitgehende experimentelle Bestätigung erhalten. So
liefern n — 2 unabhängige Bestandteile, wie S0 2 und
H 2 0, einen 4fachen Punkt (die vier coexistirenden Phasen
S0 2 -7H 2 0 fest, S0 2 in H 2 0 gelöst flüssig, S0 2 flüssig,
S0 2 gasförmig, Temperatur 12 - 1°, Druck 1770 Millim.
Quecksilber). Die Frage, ob S0 2 in wässriger Lösung
ein Hydrat bildet, berührt nach der Auseinandersetzung
im vorigen Paragraphen die Gültigkeit der Phasenregel in
keiner Weise. Ferner liefern n — 3 unabhängige Bestand
teile, wie Na 2 S0 4 , MgS0 4 und H 2 0 einen 5fachen
Punkt (Na 2 Mg(S0 4 ) 2 4H 2 0 fest, die beiden einfachen
Salze krystallisirt, wässrige Lösung und Wasserdampf,
Temperatur 22°, Druck 19'6 Millim.) Aendert man den
Zustand des Systems, etwa durch Wärmezufuhr, so ändern
sich nur die Massen, nicht die Phasen, und dies geht
so lange fort, bis eine der Massen 0 geworden und also