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Thermochemie.
direkten Messungen von Favre und Silbermann (21)
verglich. Er versuchte dann auch für die gemessene
Verdünnungswärme theoretische Gesetze aus atomistischen
Vorstellungen abzuleiten, die indessen keine weitere Aus
bildung erfahren haben.
Die nächste Experimentaluntersuchung stellte Thom-
sen (22) an über das gegenseitige Verhalten der Oxyde
in wässriger Lösung, indem er durch Messung der Wärme
tönungen zu entscheiden suchte, ob sich eine Säure,
wenn sie in wechselnder Menge mit einem basischen
Oxyd gemischt wird, sich mit diesem in der Lösung in
bestimmtem Gewichtsverhältniss verbindet. Durch die
ausschliessliche Anwendung verdünnter Lösungen wurde
der etwaige Einfluss der Verdünnungswärme eliminirt
und damit zugleich auch die Frage nach der specifischen
Wärme der angewandten Lösungen erledigt, da Thomsen
durch besondere Versuche nachweisen konnte, dass es
bei der Wärmecapacität einer verdünnten Lösung genügt,
nur die in ihr enthaltene Wassermenge zu berücksichtigen.
Diese Untersuchungen haben deshalb eine hohe princi-
pielle Bedeutung, weil durch sie zum ersten Male gezeigt
wird, wie sich die schwierige Frage nach der chemischen
Beschaffenheit der Stoffe im Zustand der Lösung auf
thermochemischem Wege behandeln lässt. Das Ergebniss
war, dass Thomsen dazu geführt wurde, die Säuren in
zwei Klassen zu theilen: Die »vollständigen« und die
»unvollständigen« Säuren. Erstere, wie Schwefelsäure,
Salpetersäure, Chlorsäure, vereinigen sich in einem ein
zigen constanten Gewichtsverhältniss, dem der Aequi-
valente, mit den Basen (Natron, Kali); ein etwaiger
Ueberschuss, sei es der Säure oder der Base, bleibt un
verbunden in der Lösung. Die bei der Vermischung
eintretende Wärmetönung entspricht genau der Neutrali
sationswärme der eingetretenen Verbindung. Eine »un
vollständige« Säure dagegen, wie Borsäure, Phosphor
säure, ist, selbst wenn sie im Ueberschuss zugesetzt wird.