Thermochemie.
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Salzes. Thomsen fand nun bei der Ausführung des Ver
suches statt der oben berechneten 2224 Cal. nur 520 Cal.
und schloss daraus, dass ein Aequivalent Kalinitrat durch
ein Aequivalent Schwefelsäure zu einem gewissen Theil
zersetzt wird. Die beobachtete Wärmeentwicklung stieg
langsam, wenn die Menge der zugesetzten Schwefelsäure
vergrössert wurde, erreichte aber niemals den vollen
Betrag von 2224 Cal. Offenbar kann man aus der ge
messenen Wärmeentwicklung die Menge des zersetzten
Salzes bestimmen, und diese Berechnung ist so lange
gänzlich unanfechtbar, als die Voraussetzung zutrifift, dass
eben nur die genannten vier Stoffe sich in der Lösung
befinden. Freilich hat sich später gezeigt, dass weder in
diesem noch in den meisten ähnlichen Fällen die Ver
hältnisse so einfach liegen.
Thomsen versäumte nicht, die so vollzogene Analyse
der Lösung eines Gemisches von Kalinitrat und Schwefel
säure für die Theorie der chemischen Verwandtschaft zu
verwerthen. Bis dahin hatte sich die Verwandtschafts
lehre gänzlich unabhängig von der Thermochemie ent
wickelt, und zwar im Wesentlichen nach zwei verschie
denen Seiten hin. Die eine, ältere Richtung war haupt
sächlich vertreten von Geoffroy (1718) und Bergmann
(23) (1783). Sie statuirte zwischen je zwei Stoffen eine
bestimmte constante Grösse der chemischen Verwandt
schaft, die sich bei allen chemischen Processen in der
Art bethätigt, dass der Verlauf des Processes zur Befriedi
gung der stärksten Verwandtschaftstriebe führt; höchstens
gestand man der Temperatur einen gewissen Einfluss auf
die Stärke der Verwandschaft zu. Ihr Ziel war die Auf
stellung von Verwandtschaftstabellen, für jeden Körper
eine besondere, in welchen alle chemischen Stoffe je
nach der Grösse ihrer Verwandtschaft mit dem betreffen
den Körper geordnet erscheinen, so dass jeder Stoff alle
folgenden aus ihren Verbindungen mit dem Körper aus
treibt, während umgekehrt er selber von jedem vorher-