Full text: Grundriß der allgemeinen Thermochemie

Historische Entwicklung der Thermochemie. 27 
die Endzustände in beiden Fällen gleich sind, so muss die 
Differenz dieser beiden Beträge: 
288 — (— 1752) = 2040 cal. 
der Wärmeentwicklung bei der vollständigen Umwandlung 
von salpetersaurem Natron und Schwefelsäure in schwefel 
saures Natron und Salpetersäure entsprechen. (Ob und 
in welcher Weise diese Umwandlung wirklich vollzogen 
werden kann, kommt gar nicht in Betracht, da es sich 
hier nicht um Affinitäten, sondern um Energieen handelt). 
In der That ist diese Zahl nahezu gleich der schon oben 
angegebenen Differenz von 2072 cal. zwischen den Neu 
tralisationswärmen der Schwefelsäure und der Salpetersäure, 
wodurch die Richtigkeit der Annahme bewiesen ist. 
Führt man nun, um den so constatirten Gleichgewichts 
zustand zu charakterisiren, die oben angedeutete Berech 
nung aus, so ergiebt sich folgendes Resultat: »Wenn gleiche 
Aequivalente Natron, Salpetersäure und Schwefelsäure 
in wässriger Lösung aufeinander reagiren, so tritt f des 
Natrons in Verbindung mit der Salpetersäure und £ mit 
der Schwefelsäure. Die Salpetersäure hat demnach ein 
doppelt so grosses Bestreben sich mit der Basis zu sättigen, 
als die Schwefelsäure, und ist also auf nassem Wege eine 
bedeutend stärkere Säure als diese.« Hiernach ist klar, 
dass die Neutralisationswärme, welche ja bei der Schwefel 
säure bedeutend grösser ist als bei der Salpetersäure, 
nicht das allgemeine Maass für die Affinität der Säure zur 
Basis abgeben kann. Da Thomsen das Wort Affinität schon 
früher (pag. 577) für einen anderen Begriff verwendet hatte, 
musste er hier, wo es sich nicht um die Wärmetönung, son 
dern um die chemische Verwandtschaft handelt, ein neues 
Wort dafür einführen: er nennt »Avidität« das Bestreben 
der Säure, sich zu neutralisiren. Danach ist die Avidität 
der Salpetersäure dem Natron gegenüber doppelt so gross 
wie die der Schwefelsäure. Gegenwärtig wird bekanntlich 
die Affinität ziemlich allgemein als Verwandtschaft aufge 
fasst und dadurch das Wort Avidität entbehrlich gemacht.
	        
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