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Thermochemie.
cifische Dichte besitzt, so ergiebt sich für dasselbe aus
dem AvoGADRo’schen Satz keine bestimmte Molekülzahl,
und man steht vor der Wahl, für diesen Fall entweder
eine veränderliche Molekülzahl anzunehmen (wie bei Unter
salpetersäure, Phosphorpentachlorid u. s. w.) oder die
AvoGADRo’sche Definition für die Molekülzahl überhaupt
nicht anzuwenden (wie bei Kohlensäure, Wasserdampf
u. s. w.), mit anderen Worten; die Ursache der Ab
weichung von den Gasgesetzen entweder in chemischen
oder in physikalischen Umständen zu suchen. Nach der
ersten Anschauung würde das Gas nichts anderes als
eine Mischung mehrerer chemisch verschiedener Gase
(N 2 0 4 und N0 2 , oder PC1 5 , PC1 3 und Cl 2 ) darstellen,
deren Dichte in jedem Augenblick den von dem Avo-
GARDo’schen Satz geforderten Werth hat und sich bei
einer Aenderung der Temperatur und des Druckes nur
desshalb nicht wie bei einem vollkommenen Gas ändert,
weil durch chemische Umsetzungen die verschiedenartigen
Moleküle in einander übergehen und dadurch die Ge-
sammtzahl der Moleküle geändert wird. Nach der zweiten
Anschauung würden die Moleküle auch bei veränderter
Temperatur und verändertem Druck dieselben bleiben
und nur einer allgemeineren Zustandsgleichung (§ 11)
als der BovLE-GAY-LussAc’schen unterliegen. Am frucht
barsten hat sich die erste Anschauung in allen Fällen
erwiesen, wo es sich um bedeutende Aenderungen der
Dichten handelt, die sogen, abnormen Dampfdichten, und
dies namentlich dann, wenn die specifische Dichte des
Gases jenseits eines gewissen Temperatui- und Druck-
Intervalls wieder constant wird. Dann ist nämlich die
chemische Umsetzung vollständig geworden, und die Mole
küle verändern sich nicht mehr. So z. B. verhält sich
Bromwasserstoffamylen sowohl unterhalb 160° als auch
oberhalb 360° wie ein vollkommenes Gas, doch im
lezten Zustand mit halber Dichte, entsprechend einer Ver
doppelung der Molekülzahl; C £ H 11 Br = C 5 H 10 +HBr.