Allgemeine Thatsachen und Definitionen.
4i
Sind aber die Abweichungen von den Gesetzen voll
kommener Gase unbedeutend, so schiebt man sie ge
wöhnlich auf physikalische Ursachen. Eine principielle
Entscheidung dieser Frage und damit eine Vervollstän
digung der Definition des Molekulargewichts für alle
variablen Dampfdichten lässt sich zur Zeit noch nicht
durchführen; so könnte man die Zunahme der specifi-
schen Dichte, welche viele Dämpfe in der Nähe ihres
Condensationspunktes zeigen, neben physikalischen auc h
chemischen Gründen zuschreiben, nämlich der Bildung
einzelner Doppelmoleküle oder überhaupt vielfacher Mole
küle. In der That bestehen hier noch öfters Meinungs
verschiedenheiten, wie z. B. beim Molekulargewicht des
Schwefeldampfes unterhalb 800°, das gewöhlich zuS 6 = 192,
aber auch zu S 2 = 64 angenommen wird (41). Im All
gemeinen wird man in zweifelhaften Fällen am sichersten
gehen, die Frage einstweilen noch offen zu lassen, und
sowohl physikalische als auch chemische Veränderungen
als Ursache der Abweichungen von den Gasgesetzen anzu
nehmen. Nur soviel lässt sich mit Sicherheit behaupten,
dass bei geringen Dichten die chemischen Einflüsse vor
den physikalischen immer mehr hervortreten werden.
Denn nach allen Erfahrungen nähern sich alle Dämpfe
mit abnehmender Dichte dem vollkommenen Gaszustande
(§ 14).
22. Für den flüssigen, sowie auch für den festen
Aggregatzustand existirt noch keine Definition des Mole
kulargewichts von der Vollständigkeit wie die Avogad-
Ro’sche für den Gaszustand: Man setzt der Einfachheit
halber gewöhnlich das flüssige und das feste Molekül
gleich dem gasförmigen, oder, falls der Stoff im gasförmi
gen Zustand nicht bekannt ist, gleich der einfachsten
Form des Aequivalentgewichts, ohne dass sich dafür ein
weiterer rationeller Grund angeben Hesse.
23. Nur für einen bestimmten Fall ist in neuerer Zeit
in Folge der Entdeckungen von Raoult und van’t Hoff