Allgemeine Thatsachen und Definitionen.
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Die wahre specifische Wärme wächst für die meisten
'Stoffe langsam mit der Temperatur; daher ist es in den
meisten Fällen gestattet, für die mittlere specifische Wärme
in dem Intervall eines Grades oder weniger Grade die
wahre specifische Wärme bei der betreffenden Tempera
tur zu setzen.
29. Von diesem Begriff der wahren Wärmecapacität
wohl zu unterscheiden ist ein anderer, von Clausius (43)
definirter Begriff der wahren Wärmecapacität, in welchem
dQ nicht die gesammte von Aussen zugeführte Wärme be
deutet, sondern nur denjenigen Theil derselben, welcher
nach der kinetischen Hypothese zur Erhöhung der leben
digen Kraft der Molekül- und Atombewegungen dient,
während der andere Theil nur zu innerer und äusserer
Arbeitsleistung verwendet wird. Die CLAUSius’sche wahre
Wärmecapacität soll unabhängig von der Temperatur sein;
ihre Einführung ist aber im Folgenden nicht nothwendig.
30. Die Reduction der Wärmecapacitäten verschie
dener Stoffe auf die Gewichtseinheit zwecks Vergleichung
derselben ist ganz willkürlich und aus dem Umstand ent
sprungen, dass sich verschiedene Mengen eines Stoffes
am bequemsten durch Wägen vergleichen lassen. Man
könnte z. B. ebenso gut die Wärmecapacitäten auf die
Volumeneinheit beziehen. Am rationellsten ist aber die
Vergleichung solcher Gewichtsmengen verschiedener Stoffe,
welche im Verhältniss der Molekulargewichte, bezw. Atom
gewichte stehen, weil sich hier auf den ersten Blick ge
wisse Regelmässigkeiten^ ergeben, denen jedenfalls ein
wenn auch noch nicht genau erforschtes Naturgesetz zu
Grunde liegt. Die so zu vergleichenden Grössen erhält
man durch Multiplication der auf 1 Grm. bezogenen Wärme
capacität oder der specifischen Wärme mit dem Moleku
largewicht, bezw. Atomgewicht, und bezeichnet dann dies
Produkt kurz als Molekularwärme und Atomwärme.
31. Bei festen Körpern und Flüssigkeiten ist die
Wärmecapacität nahezu unabhängig davon, ob die Er-