Full text: Vorlesungen über die Theorie der Wärme (4. Band)

Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses. 
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leicht, einmal, weil der Sprung von den Erscheinungen zu den Mole 
külen ein so grosser ist; dann, weil bei allen Annahmen, die man 
machen kann, es sehr schwer ist, sie durch strenge mathematische 
Schlüsse zu verfolgen. Dennoch ist es gelungen, eine Theorie auf 
der bezeichueten Grundlage aufzustellen, welche viele Eigenschaften 
der Gase in befriedigender Weise darstellt und einen werthvollen 
Leitfaden bei der weiteren Untersuchung dieser Eigenschaften ab- 
giebt. Man muss dabei freilich oft zu Betrachtungen greifen, die in 
Bezug auf Strenge manches zu wünschen übrig lassen. Wir werden 
dabei zunächst die Dimensionen der Moleküle als unendlich klein 
gegen alle Längen, die sonst in Betracht kommen, annehmeu, die 
Moleküle also als Punkte betrachten, die bei demselben Gase gleich 
artig sind; je zwei Moleküle sollen eine Auziehungs- oder Abstossuugs- 
kraft auf einander ausüben, die bei wachsender Entfernung abnimmt; 
auch die nächsten Moleküle sind aber der Regel nach so weit von 
einander entfernt, dass die Kraft, mit der sie auf einander wirken, 
sich nicht merklich macht; nur ausnahmsweise kommen zwei ein 
ander so nahe, dass das der Fall ist; einen solchen Vorgang wollen 
wir eine Collision, einen Zusammenstoss nennen; der Regel nach be 
wegt sich daher, wenn keine fremden Kräfte wirksam sind, ein jedes 
Molekül in gerader Linie mit gleichbleibeuder Geschwindigkeit; bei 
einem Zusammenstoss mit einem anderen ändert sich in sehr kurzer 
Zeit die Grösse und die Richtung seiner Bewegung. 
§ 2. 
Die Erscheinungen, die beobachtet werden können, hängen nicht 
ab von der Bewegung eines einzelnen Moleküls, sondern nur von 
gewissen Mittelwerthen; solche Mittelwerthe werden wir daher auf 
zusuchen haben und unsere Betrachtungen werden eine gewisse 
Aehnlichkeit besitzen mit denen der Statistik, in der es sich auch 
immer um Mittelwerthe handelt, z. B. um die mittlere Lebensdauer 
der Menschen überhaupt oder gewisser Menschenklassen, ln der 
Statistik ist oft die Rede von der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses; 
den Begriff der Wahrscheinlichkeit wollen wir auch hier einführen, 
theils um den Ausdruck zu kürzen, theils um das Verstäudniss zu 
erleichtern durch Anknüpfung au Vorstellungen, die, wenigstens theil- 
weise, schon aus dem gewöhnlichen Leben bekannt sind; Im gewöhn 
lichen Leben spricht man von der grösseren oder geringeren Wahr 
scheinlichkeit eines Ereignisses, ohne diese durch eine Zahl anzugeben; 
in der exacten Wissenschaft ist e'ine Wahrscheinlichkeit immer eine 
Zahl, und zwar ein echter positiver Bruch, der um so mehr der Eins 
sich nähert, je näher die Wahrscheinlichkeit der Gewissheit kommt, 
und um so mehr der Null, je näher die Wahrscheinlichkeit der Uu-
	        
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