Unendlich kleine Entfernungen.
deshalb keine nach dieser Seite hin begrenzte Linie sei,
daß also auch von einem Grenzpunkte derselben so wenig
gesprochen werden könne, wie etwa von der Spitze einer
Kugel oder der Krümmung einer Geraden oder eines ein
zelnen Punktes, oder dem Punkte des Zusammenstoßes zweier
Gleichlaufenden — diese einzige Bemerkung, sage ich, reicht
hin, um die meisten Paradoxien (mysteria infiniti), dieBosco-
wich in s. Diss. de transformatione locorum geometricorum
(angehängt s, Elem. univ. Matheseos T. 111. Romae 1754)
vorgebracht hat, in ihrer Nichtigkeit zu zeigen.
§ 45-
Nicht viel seltener als unendlich große hat man auch
unendlich kleine Entfernungen und Linien im Raume
angenommen, besonders wenn es ein scheinbares Bedürfnis
wurde, Linien oder Flächen, deren kein Teil (der noch selbst
ausgedehnt ist) gerade oder eben ist, gleichwohl als solche,
die gerade oder eben sind, zu behandeln, z. B. um ihre
Länge oder die Größe ihrer Krümmung oder auch wohl
gewisse für die Mechanik merkwürdige Beschaffenheiten
derselben leichter bestimmen zu können. Ja man erlaubte
sich in solchen Fällen sogar, Entfernungen zu erdichten,
die durch unendlich kleine Größen der zweiten, dritten u. a.
höherer Ordnungen gemessen werden sollen.
Daß man bei diesem Verfahren, besonders in der Geo
metrie, nur selten auf ein falsches Resultat geriet, hatte
man bloß dem schon § 37 erwähnten Umstande zu danken,
daß die veränderlichen Größen, die sich auf räumliche Aus
dehnungen, welche bestimmbar sein sollen, beziehen, von
einer solchen Beschaffenheit sein müssen, daß sie, höchstens
mit Ausnahme einzelner isoliert stehender Werte, eine
erste, zweite und jede folgende abgeleitete Funktion haben.
Denn wo dergleichen bestehen, da gilt dasjenige, was von
den sogenannten unendlich kleinen Linien, Flächen und
Körpern behauptet wird, insgemein schon von allen Linien,
Flächen und Körpern, die — ob sie gleich stets endlich