Anmerkungen*).
Von
Hans Hahn.
§ 2. Der hier angedeutete Weg zur Einführung des Unend
lichen (Hinzufügung der Verneinung zum Begriffe des Endlichen)
ist nicht der einzig mögliche. Man kann auch, wie dies R. Dede-
kind tut („Was sind und was sollen die Zahlen?“ § 5), den um
gekehrten Weg gehen: eine direkte Definition des Unendlichen
geben, und das Endliche einführen durch Hinzufügung der Ver
neinung zum Begriffe des Unendlichen (vgl. die Bemerkung zu
§ 20). Die Begriffe Menge, Vielheit werden näher besprochen
in § 4, der Begriff Größe in § 6.
§ 3. Vgl. Bolzanos Wissenschaftslehre § 82, 83.
§ 4. Vgl. Wissenschaftslehre § 84. Der Begriff der Menge,
den B. hier entwickelt, deckt sich im wesentlichen mit dem, der
der heutigen Mengenlehre zugrunde liegt (nur daß B.s Definition,
demSprachgebrauche folgend, verlangt, daß eineMenge mehrere,
d. h. mindestens zwei Elemente enthalte, während die Mengen
lehre auch von Mengen spricht, die nur ein Element oder gar
keines enthalten). Hingegen ist es wichtig, zu beachten, das B.
das Wort Teil in ganz anderem Sinne verwendet als die Mengen
lehre. B. nennt Teil einer Menge, was man heute Element
dieser Menge nennt (z. B. wenn es sich um die Menge aller Ein
wohner einer Stadt handelt; jeden einzelnen dieser Einwohner),
während die Mengenlehre als Teil einer Menge M jede Menge
bezeichnet, deren sämtliche Elemente in M Vorkommen. Unter
diesen Teilen gibt es natürlich auch solche, die nur aus einem
*) Diese Anmerkungen beschäftigen sich mit dem Verhältnis von Bolz an o s Lehren
zu denen der heutigen Mathematik, insbesondere der Mengenlehre. Sie enthalten sichjeder
rein philosophischen Kritik. Wer sich mit den Grundbegriffen der Mengenlehre näher
bekannt machen will, sei verwiesen auf A. Fraenkel, Einleitung in die Mengenlehre,
Berlin 19x9. Für ein eingehendes Studium der Mengenlehre empfiehlt sich F. Haus
dorff, Grundzüge der Mengenlehre, Leipzig 19x4.