Anmerkungen zu § 37, 38.
Ermittlung des Grenzwertes, dem dieser Bruch zustrebt, wenn
x sich unbeschränkt dem Werte a nähert (vorausgesetzt, daß ein
solcher Grenzwert überhaupt vorhanden ist).
§ 37. Die hier vorgetragene Begründung der Differentialrech
nung deckt sich völlig mit der heute üblichen. Nur ist zu be
merken, daß die in der Fußnote von S. 65 aufgestellte Behaup
tung, jede Funktion (gemeint ist natürlich: jede stetige Funktion)
besitze, von Ausnahmepunkten abgesehen, eine Abgeleitete, sich
als irrig erwiesen hat*), um so mehr noch die Behauptung, jede
Funktion lasse sich nach der Formel von S. 68, Z. 7 v. u., ent
wickeln**). Mit der (S. 69 erwähnten) Theorie der Rektifikation,
Komplanation, Kubierung hat sich B. in einer eigenen, 1817 er
schienenen Schrift befaßt: „Die drey Probleme der Rectification,
der Complanation und der Cubierung, ohne Betrachtung des un
endlich Kleinen, ohne die Annahme des Archimedes, und ohne
irgendeine nicht streng erweisliche Voraussetzung gelöst.“ Die
„Annahmen“ oder „Grundsätze“ des Archimedes, von denen hier
die Rede ist, sind die folgenden***):
I. Jede krumme Linie ist länger als die gerade, die zwischen
denselben Endpunkten liegt.
II. Von zwei krummen Linien, die beide nach einer Seite zu
hohl sind, ist die umschließende länger als die umschlossene.
III. Wenn eine krumme und eine ebene Fläche dieselben
Grenzen haben, so ist die erstere größer als die letztere.
IV. Von zwei krummen Flächen, die beide nach einer Seite
zu hohl sind, ist die umschließende größer als die umschlossene.
§ 38. Die S. 73 gegebene Definition eines Kontinuums wurde
von G. Cantor als zu weit beanstandetf): in der Tat können
nach dieser Definition auch zwei räumlich vollständig getrennte
Mengen (z, B. zwei Kugeln ohne gemeinsamen Punkt) ein Konti
nuum bilden ff). Wegen der Definition des Begriffes „Kontinuum“
verweisen wir auf G. Cantor, Math. Ann. 21, S. 572.
Auch B.s Definition des isolierten Punktes ist viel weiter
als die heute allgemein angenommene, der zufolge ein Punkt einer
*) Vgl. z. B. L. Bieberbach, Differentialrechnung, Leipzig 1917, S, 104.
**) Dies ist die sog. Formel von Taylor. Vgl. z. B. H. v. Mangoldt, Einfüh
rung in die höhere Mathematik, Bd. 2 (Leipzig 1912), S. 93.
*••) S. IV der eben zitierten Schrift von B.
f) Math. Ann. 21, S. 576.
ff) Dies war B. bekannt, vgl. § 48, S. 94, Z. 7 v. o.