Vergleichung unendlicher Mengen, 27
selbst in der andern als bloßer Teil befinde). Auch dieses
ist eine Behauptung, die vielen paradox klingt. Und frei
lich alle, die das Unendliche als etwas Solches erklären,
das keiner weiteren Vermehrung fähig ist, müssen es nicht
nur paradox, sondern geradezu widersprechend finden,
daß ein Unendliches größer sei als ein anderes. Allein
wir haben schon oben gefunden, daß diese Ansicht auf
einem Begriffe von dem Unendlichen beruhe, der mit dem
Sprachgebrauche des Wortes gar nicht übereinstimmt. Nach
unserer nicht nur dem Sprachgebrauche, sondern auch dem
Zwecke der Wissenschaft entsprechenden Erklärung kann
niemand etwas Widerstreitendes, ja nur Auffallendes in
dem Gedanken finden, daß eine unendliche Menge größer
als eine andere sein soll. Wem muß es z. B. nicht ein
leuchten, daß die Länge der
b a
S j 1 R—
nach der Richtung a R unbegrenzt fortlaufenden Geraden
eine unendliche sei? Daß aber die von dem Punkte b aus
nach derselben Richtung hinlaufende Gerade b R noch um
das Stück ba größer, denn aR zu nennen sei? Und daß
die nach beiden Seiten aR und aS hin unbegrenzt fort
laufende Gerade um eine Größe, die selbst noch unendlich
ist, größer zu nennen sei? usw.
§ 20.
Übergehen wir nun zur Betrachtung einer höchst merk
würdigen Eigenheit, die in dem Verhältnisse zweier Mengen,
wenn beide unendlich sind, Vorkommen kann, ja eigent
lich immer vorkommt, die man aber bisher zum Nachteil
für die Erkenntnis mancher wichtigen Wahrheiten der Meta
physik sowohl als Physik und Mathematik übersehen hat,
und die man wohl auch jetzt, indem ich sie aussprechen
werde, in einem solchen Grade paradox finden wird, daß
es sehr nötig sein dürfte, bei ihrer Betrachtung uns etwas