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Unendliche Zeitlängen, Entfernungen, Kräfte.
§ 27.
Durfte ich in dem Bisherigen so manche Annahme eines
Unendlichen gegen ungerechte Bestreiter desselben ver
teidigen: so muß ich gegenwärtig mit gleicher Offenheit
bekennen, daß viele' Gelehrte, besonders aus der Klasse
der Mathematiker, auf der entgegengesetzten Seite zu
weit gegangen sind; indem sie bald ein unendlich
Großes, bald ein unendlich Kleines in Fällen an
genommen haben, wo meiner innersten Überzeugung nach
keines besteht.
1. Gegen die Annahme einer unendlich großen Zeit
länge, wenn man darunter eine Zeitlänge versteht, welche
entweder keinen Anfang oder kein Ende oder gar weder
das eine noch das andere hat (also die ganze Zeit oder
der Inbegriff aller Zeitpunkte überhaupt ist), habe auch ich
nichts einzuwenden: wohl aber finde ich es nötig, sich das
Größenverhältnis, das eine zwischen zwei Zeitpunkten
gelegene Entfernung oder Zeitlänge zu jeder anderen
zwischen zwei Zeitpunkten gelegenen Entfernung oder Zeit
länge hat, als ein bloß endliches, durch bloße Begriffe
völlig bestimmbares Größenverhältnis zu denken, also nie
eine durch Anfang und Ende begrenzte Zeitdauer als un
endlichemal größer oder kleiner denn eine andere der
gleichen Zeitdauer vorauszusetzen. Gerade dies aber tun
bekanntlich gar viele Mathematiker, indem sie nicht nur
von unendlich großen Zeiträumen, die gleichwohl von beiden
Seiten begrenzt sein sollen, sondern noch öfterer von un
endlich kleinen Zeitteilen sprechen, im Vergleiche mit
denen dann jede endliche Zeitlänge, z. B. einer Sekunde,
schon eben darum als unendlich groß zugestanden werden
müßte.
2. Ein Ähnliches gilt von den Entfernungen zwi
schen je zweien Punkten im Raume, die meiner An
sicht nach immer in einem bloß endlichen (durch reine
Begriffe völlig bestimmbaren) Verhältnisse zueinander stehen
können, während nichts gewöhnlicher bei unseren Mathe-