Full text: Fiktionen in der Mathematik

Zur Kritik des Y aihingerschen P i k t i o n s b e g r i f f s 
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C. Coerper 202 ) betont, daß Zweckmäßigkeit kein Begriff 
sei, der in der Wirklichkeit nachzuweisen wäre, sondern ein 
Begriff des reinen Denkens, und zwar der Kernbegriff des 
Fiktionalen. 
Wesentlich eingehender als in den bisher angeführten 
Arbeiten ist der Fiktionsbegriff von E. B o e r m a und R. 
Schmidt einer kritischen Beleuchtung unterworfen worden. 
Beide unterscheiden in Yaihingers Werk zwei wesentlich ver 
schiedene Teile, eine logische Entdeckung, dargestellt in Vai- 
hingers Fiktionenlehre, und ein bestimmtes Weltbild, den Fik- 
tionalismus. Man kann dem ersten zustimmen, ohne das zweite 
als notwendige Konsequenz anzuerkennen. 
E. B o e r m a 203 ) wendet sich zunächst gegen den Vaihinger- 
schen Ausdruck „bewußtfalsche Vorstellungen“; streng ge 
nommen gebe es keine bewußtfalschen Vorstellungen an sich. 
Allerdings müsse eine Vorstellung oder ein Begriff den for 
malen Gesetzen der Logik entsprechen, im andern Falle könnte 
man sie mit einem gewissen Recht an sich falsch nennen. 
Wenn man aber nur die Semifiktionen ins Auge fasse, und i n 
Wahrheit seien die echten Fiktionen in sehr 
einfacher Weise auf die Semifiktionen zu- 
rückführbar, dann müsse eine Vorstellung den formalen 
Gesetzen der Logik entsprechen und es habe keinen Sinn, von 
einer bewußtfalschen Vorstellung an sich zu sprechen. „Die 
Prädikate Wahr und Falsch finden nicht auf Vorstellungen 
und Begriffe Anwendung, sondern nur auf die Verknüpfung 
derselben im Urteil. Nur Urteile können falsch sein. Auch 
wo unsere Einbildungskraft unwirkliche Begriffe hervor 
zaubert, sind diese Begriffe B nicht an sich falsch, sondern 
nur das aus ihnen gebildete Existentialurteil: ,B existiert'. 
Man darf nicht Unwirklich und Falsch verwechseln. Es wäre 
daher bereits viel präziser, wenn wir das Fundamentalproblem 
so formulieren würden: Wie kommt es, daß wir mit bewußt 
falschen Urteilen doch richtige Urteile erreichen? Wir dürfen 
daher auch streng genommen nicht von Fiktionen reden, son 
dern nur von einem fiktiven Urteil, und müssen defi-
	        
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