sich bei den Annahmen um psychische Tatbestände, denen die
Überzeugtheit des Urteils fehlt, wogegen ihnen das Moment
des Urteils zukommt, das der Vorstellung noch abgeht, näm
lich die Position zwischen ja und nein. Urteilen und Annehmen
sind zusammengefaßt im „Denken“. Während das Vorstel-
1 e n nur passiv ist, verrichten Annahme und Urteil psychische
Arbeit; sie sind Erfassungsmittel der Objektive 214 ). Nach Mei-
nong 215 ) kann man bei jedem logischen Denkprozeß ein Drei
faches unterscheiden: 1. Die geistige Funktion als solche;
2. den Inhalt dieser Funktion, von Meinong Objektiv genannt;
3. das Objekt.
In den Erlebnissen des Urteils und der Annahme ist dem
Urteils- bzw. Annahmeinhalt das Objektiv als Gegenstand zu
geordnet, während der Vorstellungsinhalt durch das zugeord
nete Objekt charakterisiert ist.
Die Funktion selbst hat nur mit dem Objektiv zu tun, sie
faßt seine Bestandteile in einem organischen Ganzen zu
sammen und nimmt das Ergebnis wieder zum Gegenstand
ihrer eigenen Betätigung. Das zustandegebrachte und ent
sprechend weiterbearbeitete Objektiv ist eine Annahme im
weitesten Sinn 216 ). Wird in den geistigen Vorgang das Objekt
miteinbezogen, so kann man drei Möglichkeiten des Verhält
nisses von Objektiv und Objekt unterscheiden:
1. Das Objektiv ist Repräsentant eines Objekts, dann ist
die logische Funktion ein Urteil.
2. Das Objektiv läßt es dahingestellt, ob ihm wirklich ein
Objekt entspricht; in diesem Fall spricht Sperl von „Als-
Ob-Betrachtun g“.
3. Das Objektiv läßt keinen Zweifel, daß ihm kein Objekt
entspricht. — Fiktion.
Im zweiten und dritten Fall darf also das Objektiv nicht als
Repräsentant eines real existierenden Objektes gelten — Sperl
spricht von eigentlichen Annahmen. Er zitiert in die
sem Zusammenhang die Definition Spenglers:
„Annahmen sind willkürlich zu einem bestimmten Zweck
gesetzte, als positiv, negativ, wirklich, unwirklich, möglich,