Full text: Fiktionen in der Mathematik

9 2 
Zur Theorie der Fiktione 
n 
1. Annahmefälle, die als integrierende Teile fun 
damentaler intellektueller Operationen die wich 
tigsten einfachen Betätigungen unseres Geisteslebens mit kon 
stituieren helfen. 
Der Begriff der „Gegenständlichkeit“ läßt sich am besten 
auf der Annahme aufbauen; was zu der bloßen Vor 
stellung hinzutritt, um Gegenständlichkeit 
zu erzielen, ist nicht ein Urteil, sondern eine 
Annahme. 
Beim Erkennen oder Erkennenwollen werden zwei Stadien 
in der Erfassung der Gegenstände unterschieden: a) das Er 
greifen, b) das Beurteilen. 
Das Ergreifen geschieht an ihrem „So-sein“, geurteilt oder 
erkannt wird dann am Ergriffenen das Sein. Das „Seins- und 
das Soseinsmeinen“ ist als unmittelbares Erfassen von Objek 
tiven Urteil oder Annahme; begegnet uns im psychischen 
Leben ein Objektiv, das nicht durch ein Urteil erfaßt ist, so 
ist damit eine Annahme festgestellt, denn nur durch Urteile 
oder Annahmen können Objektive erfaßt werden. Das Erfassen 
durch Urteile geht im Gegensatz zur Annahme auf Tatsäch 
lichkeit. Tatsächlich aber ist ein Objektiv, das unter gün 
stigen Umständen mit Evidenz und mit Gewißheit erfaßt wer 
den kann. Dabei ist nach Meinong Evidenz ein Stück inhalt 
licher Bestimmung, Gewißheit ein Moment des Aktes. Da jedes 
Urteilen einen Annahmetatbestand impliziert, sind Annahmen 
überall (da) zu treffen, wo Gegenstände intellektuell erfaßt 
werden. 
2. Annahmen, die psychologische Voraussetzungen für emo 
tionale Betätigung abgeben. 
3. Annahmen mit fiktivem Charakter; An 
nahmeerlebnisse, die sozusagen für sich und um ihrer selbst 
willen da sind (Annahmen in Spiel und Kunst). 
G. Spengler sucht nun bei der Untersuchung der Vaihinger- 
schen Fiktionen von solchen Bestimmungen auszugehen, die 
mehr die Natur der Fiktion als ihren Zweck be 
treffen, da diese sich mehr auf das Verhältnis der Fiktionen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.