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Zur Theorie der Fiktione
n
1. Annahmefälle, die als integrierende Teile fun
damentaler intellektueller Operationen die wich
tigsten einfachen Betätigungen unseres Geisteslebens mit kon
stituieren helfen.
Der Begriff der „Gegenständlichkeit“ läßt sich am besten
auf der Annahme aufbauen; was zu der bloßen Vor
stellung hinzutritt, um Gegenständlichkeit
zu erzielen, ist nicht ein Urteil, sondern eine
Annahme.
Beim Erkennen oder Erkennenwollen werden zwei Stadien
in der Erfassung der Gegenstände unterschieden: a) das Er
greifen, b) das Beurteilen.
Das Ergreifen geschieht an ihrem „So-sein“, geurteilt oder
erkannt wird dann am Ergriffenen das Sein. Das „Seins- und
das Soseinsmeinen“ ist als unmittelbares Erfassen von Objek
tiven Urteil oder Annahme; begegnet uns im psychischen
Leben ein Objektiv, das nicht durch ein Urteil erfaßt ist, so
ist damit eine Annahme festgestellt, denn nur durch Urteile
oder Annahmen können Objektive erfaßt werden. Das Erfassen
durch Urteile geht im Gegensatz zur Annahme auf Tatsäch
lichkeit. Tatsächlich aber ist ein Objektiv, das unter gün
stigen Umständen mit Evidenz und mit Gewißheit erfaßt wer
den kann. Dabei ist nach Meinong Evidenz ein Stück inhalt
licher Bestimmung, Gewißheit ein Moment des Aktes. Da jedes
Urteilen einen Annahmetatbestand impliziert, sind Annahmen
überall (da) zu treffen, wo Gegenstände intellektuell erfaßt
werden.
2. Annahmen, die psychologische Voraussetzungen für emo
tionale Betätigung abgeben.
3. Annahmen mit fiktivem Charakter; An
nahmeerlebnisse, die sozusagen für sich und um ihrer selbst
willen da sind (Annahmen in Spiel und Kunst).
G. Spengler sucht nun bei der Untersuchung der Vaihinger-
schen Fiktionen von solchen Bestimmungen auszugehen, die
mehr die Natur der Fiktion als ihren Zweck be
treffen, da diese sich mehr auf das Verhältnis der Fiktionen