Full text: Fiktionen in der Mathematik

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Fiktionen in der Mathematik 
verzichten, da der absolute Raum kein Objekt der reinen 
Mathematik ist, wenn nicht Yaihinger aus den Widersprüchen 
im Raumbegriff auf solche in den Begriffen der Fläche, der 
Linie und des Punktes schließen würde. So wollen wir wenig 
stens die wesentlichen Gesichtspunkte herausstellen, die nach 
Vaihingers Ausführungen die Fiktivität des reinen, absoluten 
Raumes gewährleisten sollen. 
Zunächst wirft er die Frage auf: „Was ist der Raum, seinem 
logischen Wert nach betrachtet, welchen logischen Rang 
nimmt der mathematische Raum ein?“ und gibt die Antwort: 
Er ist die Voraussetzung der Mathematik. Aber Voraus 
setzung könne hier weder etwas empirisch Gegebenes, auf 
dem die Mathematik als Erstem fuße, bedeuten, noch könne 
es heißen, der Raum sei eine Hypothese, ohne welche die 
Mathematik nicht bestehen könne. Denn, daß der Raum im 
mathematischen Sinne, d. h. eine reine Ausdehnung 
nach drei Dimensionen, nicht etwas empirisch Ge 
gebenes, also kein Faktum sein könne, sei leicht zu beweisen. 
Empirisch seien uns immer nur einzelne Körper gegeben, 
welche die fundamentale Eigenschaft der Ausgedehntheit be 
sitzen, niemals aber der allgemeine und reine Raum. Den 
logischen Wert einer Erfahrung habe also die mathematische 
RaumvorStellung nicht. Aber sie könne auch den einer Hypo 
these nicht haben, da das zu noch größeren Schwierigkeiten 
führe. „Wie kann eine Vorstellung, welche so absurd, so wider 
spruchsvoll ist, auf den Rang einer Hypothese Anspruch 
machen? Der mathematische Raum ist ein Etwas, welches ein 
Nichts ist, ein Nichts, welches ein Etwas ist. Die Widersprüche, 
welche in dem Begriff des leeren, des mathematischen Raumes 
liegen, sind ja bekannt“, heißt es dann wörtlich. Diese Wider 
sprüche gestatten auch nicht, meint H. Vaihinger, „uns ohne 
weiteres mit der beliebten Wendung der Mathematiker, diese 
und ähnliche Begriffe seien ,P o s tu 1 ate‘, zu begnügen“. Die 
Frage nach der logischen Stellung der Raumvorstellung bleibe 
daher noch offen. 
Nun erörtert H. Vaihinger die Ansichten von L e i b n i z und
	        
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