Full text: Fiktionen in der Mathematik

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Die „Mathematischen Fiktionen“ in der „Phil, des Als-Ob 1 
besonders dessen Auseinandersetzung mit dem Newtonianer 
Clarke. Er meint, der Streit löse sich durch eine einfache 
methodologische Unterscheidung. Da der Raum 
kein Objekt der Erfahrung sei, könne es sich nur darum han 
deln, ob er eine berechtigte Hypothese oder eine 
berechtigte Fiktion sei. Leibniz beweise, daß die 
bezügliche Vorstellung widerspruchsvoll, unmöglich sei, und 
verwerfe sie daher; Clarke betone ihre praktische Notwendig 
keit und Nützlichkeit, gestützt auf die mathematische Natur 
philosophie Newtons; also könne es sich nur um eine Fiktion 
handeln. Schon Leibniz nenne diese Vorstellung eine Fiktion, 
aber im tadelnden Sinne. Hätte die Leidenschaftlichkeit des 
Streites sein klares Auge nicht getrübt, so hätte er, nach An 
sicht Vaihingers, die einzig richtige Lösung aussprechen 
müssen, „daß die Vorstellung des absoluten Raumes eine un 
entbehrliche Hilfsvorstellung sei, d. h. daß diese Vorstellung 
zwar widerspruchsvoll und darum imaginär, ideal sei, daß sie 
aber zur Konstruktion der Mathematik und mathematischen 
Physik notwendig gebildet werden müsse“. 
Außer Leibniz werden von Vaihinger noch verschiedene 
andere Philosophen herangezogen, um durch Darlegung ihrer 
Ansichten über den absoluten Raum weiteres Beweismaterial 
für seine Auffassung zu liefern. 
So schreibt er zu der Auseinandersetzung zwischen Leibniz 
und Malebranche: „Wenn man die Monaden wegnimmt, bleibt 
keine Ausdehnung, so wenig als Zahlen bleiben, wenn man 
die Dinge wegnimmt“ 269 ). „Es gibt nicht zwei Ausdehnungen, 
die absolute (abstrakte) und die konkrete in den Substanzen: 
jene ist eben nur eine Abstraktion.“ Vom vollendeten Unend 
lichen soll dasselbe gelten wie von der Vorstellung des abso 
luten Raumes: „es sind falsche Analogien, die aber 
nützlich und notwendig sind.“ Auch bei Besprechung der Auf 
fassung von Suarez wird dieses Moment wieder betont. So 
heißt es dort 270 ): „Die richtige Betrachtungsweise, die auf ein 
Ding im Verhältnis zu andern Dingen anwendbar ist, wird 
unberechtigterweise ausgedehnt auf ein Gebiet, wo sie sinnlos
	        
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