Full text: Fiktionen in der Mathematik

: ' V . ■■ ■■■. . 
Fiktionen in der Mathematik 
152 
Es ist nun festzustellen, was die Ansichten von M. Pasch 
sind, und ob dieser wirklich die Überzeugungen von H. Vai- 
hinger vertritt. 
Die Arbeiten von Pasch zeigen deutlich ein Doppeltes: Ein 
mal ein unablässiges, vor keinem Hindernis zurückschrecken 
des Streben, den Bau der mathematischen Wissenschaft von 
Grund aus zu revidieren, um alle materialen und formalen 
Mängel zu beheben; sodann aber auch die ausgesprochene 
Absicht, den Nachweis zu erbringen, daß die letzten Bausteine 
sowohl in der Geometrie wie in der Zahlenlehre der Erfahrung 
entstammen. Beide Probleme hängen bei Pasch aufs engste 
zusammen, so daß das eine ohne das andere kaum erörtert 
werden kann. 
In den „Vorlesungen über Neuere Geometrie“ heißt es gleich 
im Vorwort: „Bei den bisherigen Bestrebungen, die grund 
legenden Teile der Geometrie in eine Gestalt zu bringen, 
welche den mit der Zeit verschärften Anforderungen ent 
spricht, ist der empirische Ursprung der Geometrie nicht mit 
voller Entschiedenheit zur Geltung gekommen. Wenn man die 
Geometrie als eine Wissenschaft auffaßt, welche, durch ge 
wisse Naturbeobachtungen hervorgerufen, aus den unmittel 
bar beobachteten Gesetzen einfacher Erscheinungen ohne jede 
Zutat und auf rein deduktivem Wege die Gesetze komplizier 
terer Erscheinungen zu gewinnen sucht, so ist man freilich 
genötigt, manche überlieferte Vorstellung auszuscheiden oder 
ihr eine andere als die übliche Bedeutung beizulegen; dadurch 
wird aber das von der Geometrie zu verarbeitende Material 
auf seinen wahren Umfang zurückgeführt und einer Reihe von 
Kontroversen der Boden genommen.“ „Diese Auffassung 
suchen die folgenden Blätter in aller Strenge durchzuführen. 
Mag man immerhin mit der Geometrie noch mancherlei Speku 
lationen verbinden; die erfolgreiche Anwendung, welche die 
Geometrie fortwährend in den Naturwissenschaften und im 
praktischen Leben erfährt, beruht jedenfalls nur darauf, daß 
die geometrischen Begriffe ursprünglich genau den empiri 
schen Objekten entsprachen, wenn sie auch allmählich von
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.