Vergleich verschiedener geometrischer Systeme
„Die Beschäftigung mit einer solchen vierfachen Mannig
faltigkeit bezeichnet man als Beschäftigung mit der ebenen
Geometrie von vier Dimensionen.
Im Grunde gebraucht man damit nur ein Gleichnis, indem
man entsprechend der Art und Weise, wie oben die dreidimen
sionale Geometrie auf die dreifache Zahlenmannigfaltigkeit
wirklich „abgebildet“ worden ist, jetzt gewisse in der vier
fachen Zahlenmannigfaltigkeit gefundene Ergebnisse rück
wärts in eine geometrische Sprache übersetzt. Alle die Be
griffsbildungen in der vierten oder fünften oder einer höheren
„Dimension“ haben im Grunde nur eine arithmetische Bedeu
tung und Berechtigung.“ In einer Anmerkung bemerkt dann
Holder noch, man habe den Aufbau der „Geometrie vierter,
fünfter Dimension“ auch schon auf Axiome gegründet. Es sei
aber klar, daß man zur Überzeugung der Widerspruchslosig-
keit solcher Axiome nur durch den arithmetischen Beweis
und nicht durch den Hinweis auf irgendwelche Anschauung
oder Erfahrung gelangen könne. Nach unserer Auffassung ist
dies bei der dreidimensionalen Geometrie auch nicht anders,
wenn man ihre Axiome nicht als synthetische Sätze a priori,
sondern als empirische Sätze auffaßt, denn kein Hinweis auf
die Erfahrung kann das sichern, was wir unter mathemati
scher Widerspruchslosigkeit verstehen. Tatsächlich dürften bei
der Hölderschen Auffassung doch gewisse Elemente der An
schauung als a priori vorausgesetzt sein, so z. B. die Dimen
sionenzahl 3. Bei dieser Auffassung können die „Geometrien
von mehr als drei Dimensionen“ als Fiktionen aufgefaßt wer
den; es handelt sich um Übertragungen, wie Vaihinger auch
betont, aber es fehlt das Moment des Widerspruchs, wir stehen
wieder bei dem Fiktionstypus A 2 .
Es scheint nicht notwendig, den Schluß Holders anzuerken
nen. Einmal braucht nicht der Punkt unbedingt als Raum
element vorausgesetzt zu werden, denn, nehmen wir z. B. die
Gerade als solches, so erhalten wir schon im gewöhnlichen
Raum eine Geometrie von höherer Dimensionenzahl, und man
wird nicht bestreiten wollen, daß auch die Strahlengeometrie
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