Full text: Fiktionen in der Mathematik

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IV. 
Die natürlichen Zahlen. 
Schon in den beiden letzten Kapiteln sahen wir uns ge 
zwungen, die Widerspruchslosigkeit der Zahlenlehre voraus- 
zusetzen; wir müssen deshalb noch näher prüfen, worauf sich 
eine solche Annahme gründen läßt. Dabei sollen in diesem 
Kapitel zunächst nur die positiven ganzen Zahlen Gegenstand 
der Untersuchung sein. 
L. Kronecker betrachtete den Begriff der ganzen Zahl 
als das eigentliche Fundament der Arithmetik und glaubte, 
daß die ganze Zahl als Allgemeinbegriff direkt und unmittel 
bar da sei. Diese Ansicht ließ ihn nach D. Hilberts Meinung 
nicht zu der Erkenntnis kommen, daß die ganze Zahl einer 
Begründung bedürftig und fähig sei. D. Hilbert nennt Kron 
ecker deshalb einen Dogmatiker, weil er die ganze Zahl 
mit ihren wesentlichen Eigenschaften als Dogma hinnimmt 
und nicht weiter rückwärts blickt. 
Die Empiristen suchen den Zahlbegriff wie die Grund 
begriffe der Geometrie auf die reine Erfahrung zu gründen. 
So ist nach St. M i 1 1 377 ) die Arithmetik eine empirische Natur 
wissenschaft und ihre Gesetze beziehen sich auf gegebene, 
wahrnehmbare, physikalische Tatsachen. Der Satz 3 = 2 + 1 
sei keineswegs als bloße Definition der Zahl 3 aufzufassen, 
sondern es komme in demselben die physikalische Tatsache 
zum Ausdruck, „that collections of objects exist, which while 
they impress the senses thus, XX, may be separated into 
two parts, thus XX X“. Daß das gelte, lehre uns ausschließ 
lich die Erfahrung. 
Auch Helmholtz vertritt den empiristischen Standpunkt; 
wir wollen uns aber nicht auf eine Diskussion seiner An 
sichten einlassen, sondern im Anschluß an Kapitel II die Be 
gründung der Zahlenlehre bei Pasch betrachten. M, Pasch 
meint, man müsse die Widerspruchslosigkeit der Arithmetik
	        
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