Fiktionen in der Mathematik
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mehr Folgen von Setzungen, und zwar beziehentlichen Setzun
gen vergleichen, dann aber seien die Einzelglieder durch nichts
mehr unterscheidbar als durch die Reihenfolge, in der sie
gesetzt werden.
Natorp meint 400 ): „So kann man gar nicht dazu kommen,
einen Satz aufzustellen: „Die Anzahl ist unabhängig von der
Reihenfolge der Glieder, solange man rein mit dem Zählver
fahren selbst, nicht mit abzuzählenden Dingen zu tun hat.“
Diesen Satz werden auch die Gegner Natorps unterschreiben;
aber das ist ja eben der Streit, ob man berechtigt ist, den Be
griff der Zahl logisch auf den des Zählens zurückzuführen;
gerade das wird von andern als Zirkel bezeichnet. Auf was es
ankommt, ist Natorp durchaus klar, aber er erklärt die Vor
aussetzungen seiner Gegner ohne weiteres für falsch; dann
muß seine Ansicht zu Recht bestehen.
Natorp betont, daß er mit seiner Auffassung im wesent
lichen mit Lipps übereinstimme, der in ähnlicher Weise eine
Normalreihe zugrunde legt, der er folgende Eigenschaften zu
schreibt:
1. Notwendigkeit und Allgemeingültigkeit.
2. Einzigkeit.
3. Sie geht von einem Anfangsglied aus, ist dagegen ins
Unendliche fortsetzbar... (Bei Natorp ergab sich sofort
beiderseitige Unendlichkeit.)
4. Gleichwertigkeit aller Glieder, die sich durch nichts als
ihre Stelle unterscheiden.
5. Homogeneität der Reihe; außer dem Anfangsglied ist
kein Glied ausgezeichnet. (Diese Ausnahmestellung besteht in
der Natorpschen Grundreihe auch nicht.)
6. Jedes Glied involviert die ganze Reihe, denn das Ver
fahren ist, als gesetzmäßiges, von seinem Anfang an und so
von jedem beliebigen Glied rückwärts bis zum Anfangsglied
und vorwärts ins Unendliche bestimmt. (Bei Natorp ist zu
sagen: Rückwärts und vorwärts ins Unendliche.)
In der Sonderstellung der Eins unterscheidet sich also die
Aufstellung von Lipps von der Natorps. Natorp setzt sich auch