Full text: Fiktionen in der Mathematik

Die 
natürlichen Zahlen 
mit den früheren Versuchen, die Zahlgesetze logisch aufzu 
bauen, auseinander, vor allem mit Freges Auffassung. Er ist 
ganz damit einig, daß Frege jede Herleitung der Zahl aus 
Eigenschaften zu zählender Dinge zurückweist, ebenso die 
unklare Begründung derselben auf Anschauung, sondern ent 
schlossen allein auf die eigenen Gesetze des Denkens zurück 
geht. Auch der Ablehnung jenes Formalismus, der „so tut, 
als ob Forderung schon Erfüllung wäre“, stimmt er zu. 
Aber dann betont Natorp auch Frege gegenüber die Ver 
schiedenheit des Standpunkts. Daß Frege glaubt, die reinen 
Grundgesetze des Denkens, aus denen er die Zahl ableitet, 
aus der überlieferten Logik einfach übernehmen zu können, 
betrachtet Natorp als einen Grundfehler und meint, Frege 
habe nicht untersucht, ob deren Aufstellungen nicht schon die 
Zahl, vor allem die Einheit, offen oder versteckt einschließen. 
„Diesen Fehler, der in einer einfachen petitio principii be 
steht, teilen alle Ableitungen der Zahl aus dem Begriff der 
Zugehörigkeit von Gegenständen zu Klassen“, sagt Natorp 401 ). 
Frege setze so die fertigen Dinge voraus, um an diesen, als 
ihnen anhängende Eigenschaften, die Zahlbeziehungen aufzu 
weisen; zwar nicht im rohen empiristischen Sinn, nicht die 
vorhandenen Dinge, aber doch sei ihm im Begriff das 
Ding, unter dem Namen des Gegenstandes im voraus fertig. 
Darin sei aber unvermeidlich die Zahl, jedenfalls die Einzahl, 
schon mitgesetzt. Frege suche die Denkinhalte zwar rein, aber 
einseitig o n t i s c h , nicht genetisch zu erfassen. Damit mußte 
ihm der synthetische Sinn des Denkens wieder verloren gehen. 
Natorp betont immer wieder, daß Frege nahe daran war, das 
Richtige zu treffen, indem er z. B. gewisse Beziehungen der 
Zahl zu andern Kategorien, besonders denen der Qualität, 
erkannt habe; aber das habe ihn verleitet, jene auf diese 
zurückführen zu wollen. Frege empfinde, daß die Zahl etwas 
Gleichartiges habe mit den reinen Begriffen der Qualität und 
mit dem Begriff der Existenz, überhaupt mit Kantischen Kate 
gorien; aber sein Ergebnis werde falsch, weil er versuche, eine 
Gruppe von Begriffen, eben die, welche die Zahl direkt be 
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