Full text: Fiktionen in der Mathematik

Die Erweiterungen des Zahlbegriffs 
Diese beruhen darauf, daß ihre Zeichen etwas bedeuten, 
Schachfiguren aber nicht; damit verlasse man aber den Boden 
der formalen Arithmetik. Thomae ist jedoch der Ansicht, die 
Frage nach der Bedeutung der Zahlzeichen liege außerhalb 
des Gebiets der Arithmetik, sie komme erst bei den Anwen 
dungen in Betracht. Im übrigen wahrte er den Standpunkt der 
formalen Arithmetik selbst nicht streng, sondern begründete 
die Arithmetik der natürlichen Zahlen inhaltlich. Dann 
sagt er aber: „Da für die Weiterbildung des Zahlenbegriffs 
doch an einer gewissen Stelle einmal die formale, von Be 
ziehungen auf Sinnesobjekte freie Auffassung eintreten muß, 
so entscheiden wir uns für dieselbe schon bei den negativen 
und gebrochenen Zahlen,“ 
Ganz abgesehen von der formalen Auffassung greift Frege 
diesen Satz schon deshalb an, weil er es für falsch hält, jede 
Auffassung der Zahlen, die diese nicht zu Sinnesobjekten in 
Beziehung setzt, eine formale zu nennen... Zahlzeichen brau 
chen nichts Sinnliches zu bedeuten, sind deshalb aber noch 
nicht bedeutungslos 432 ). 
Wir verzichten auf eine weitere Kritik der Thomaeschen 
Theorie, bemerken aber noch, daß diese rein formale Auf 
fassung nicht folgerichtig durchgeführt ist und wohl auch 
nicht durchgeführt werden kann. Denn stellen wir uns einmal 
auf den Standpunkt, die reellen Zahlen einfach implizite 
durch die Grundsätze 1 bis 21 und die beiden Sätze I und II 
zu definieren als die Gebilde, deren Verknüpfungen durch 
diese Formeln und Sätze axiomatisch festgelegt sind, 
wobei es in der Arithmetik (in der formalen) nicht darauf an 
kommt, was die Zahlen sind, sondern nur auf die in den 
Axiomen festgelegten Beziehungen, so können wir zwar aus 
diesen Voraussetzungen und der rekurrenten Erzeugungs 
weise der positiven ganzen Zahlen eine Arithmetik entwickeln, 
ohne auf eine Definition der irrationalen Zahlen zurückzu 
greifen. Aber die Axiome, die übrigens nicht alle voneinander 
unabhängig sind, müssen widerspruchslos sein. Um die Wider- 
spruchslosigkeit eines Systems geometrischer Axiome zu er- 
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