Die Erweiterungen des Zahlbegriffs
bewirkt, nennen wir einen Schnitt; die Gesamtheit aller
Schnitte bestimmt die Gesamtheit der reellen Zahlen.
Schnitte, deren eine Klasse ein letztes Glied enthält, nennen
wir rationale reelle Zahlen, Schnitte, bei denen beide Klassen
kein letztes Element enthalten, irrationale reelle Zahlen. Aber
eben das Gesetz, das die Einteilung bewirkt, ist das maß
gebende, und das ist eine finite Eigenschaft 438 ),
2. Es ist bisher keine Methode ausgebildet, um das Gesetz
irgendeines beliebigen Schnittes durch rechnerische
Symbole auszudrücken; es gibt zwar solche Zeichen, z. B.
die Wurzelzeichen, aber mit diesen beherrscht man nicht ein
mal die Gesamtheit aller algebraischen Schnitte, und sie ge
nügen auch nicht allen Anforderungen der Eindeutigkeit. Für
spezielle transzendente Schnitte sind ebenfalls Zeichen ein
geführt, z. B. e, jv.
Der Dezimalbruch kann, wenn er oo ist, für diesen Zweck
nicht verwendet werden, denn 3,1415... ist keine Definition
für ji, so wenig wie 1,414... für y r 2". Hier ist offenbar eine
Lücke im System der mathematischen Zeichen; aber nach
Hessenberg besteht zur Zeit kein Bedürfnis, diese auszu
füllen 437 ).
3. Wir haben die Frage der Stetigkeit von der
Definition des Irrationalen abgetrennt. Es scheint notwendig,
dies mit aller Schärfe hervorzuheben, denn viele Schwierig
keiten gingen wohl aus der Verquickung beider Fragen hervor.
Die Irrationalzahlen müssen so definiert sein, daß die Grund
rechnungsarten ausführbar sind, daß von irgend zwei Zahlen
eindeutig festgestellt werden kann, ob sie gleich oder ver
schieden sind, daß, wenn a > b, b > c auch a > c ist usw. Die
Irrationalzahlen stehen zu den rationalen reellen Zahlen ledig
lich in der Beziehung, daß man von jeder rationalen reellen
Zahl entscheiden kann, ob sie oberhalb oder unterhalb der
Irrationalzahl liegt 438 ).
Bei der Stetigkeit aber handelt es sich um eine neue
Problemstellung; man muß erst durch ein Axiom oder eine
Definition festlegen, in welchem Sinn die Stetigkeit zu ver-
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