Full text: Fiktionen in der Mathematik

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Das Unendlich 
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ganzen System der projektiven Geometrie gar kein Grund zu 
der peinlichen Scheidung in eigentliche und uneigentliche 
Elemente vorliegt. Wählen wir einen beliebigen, im Endlichen 
gelegenen Kegelschnitt, am einfachsten einen Kreis, so existiert 
zu jedem Punkt eindeutig eine Polare, zu jeder Geraden ein 
Pol. Nehmen wir beides als eine Art komplexes Element zu 
sammen, so ist sofort ersichtlich, daß in keinem derartigen 
Element gleichzeitig beide Bestandstücke uneigentlich werden 
können. Jede Konstruktion mit Punkten und Geraden kann 
nun auch mit den dualistischen Elementen, den zugehörigen 
Polaren und Polen, ausgeführt werden, so daß ein faktisches 
Operieren mit uneigentlichen Elementen überflüssig wird. 
Sogar die Beschränkung auf Lagebeziehungen ist nicht er 
forderlich. Wir haben bereits im dritten Kapitel gesehen, daß 
auch in der projektiven Geometrie Maßbeziehungen aufgestellt 
werden können und es ist charakteristisch, daß die dabei auf 
tretenden „Grenzpunkte“ im allgemeinen nicht die „uneigent 
lichen Punkte“ der Euklidischen Geometrie sind. Das führt 
uns vollends zum Kern der ganzen Sache. 
Jedes geometrische, überhaupt mathematische System geht 
von einer gewissen Gegenstandskategorie aus, die gewissen 
Grundannahmen genügen muß; diese können in Form eines 
begrenzten Systems von Sätzen (Axiomen), oder in rein ana 
lytischen Ausdrücken gegeben sein. Ist das System nun nicht 
von vornherein geschlossen, d. h. treten in den Axiomen noch 
Grenzfälle auf, denen die Gegenstände der zunächst ein 
geführten Kategorie nicht genügen, so können diese Aus 
nahmefälle nur beseitigt werden durch Einführung von Grenz 
elementen, die eben so zu definieren sind, daß die Grund 
annahmen gültig bleiben. Sie machen das System erst zu 
einem abgeschlossenen. 
Es ist daher ersichtlich, daß diese Grenzelemente nicht in 
jedem System dieselben sein müssen; so wird in der Theorie 
der komplexen Zahlen die Gesamtheit aller Richtungen als ein 
Punkt, als „der unendlichferne Punkt“ der Ebene eingeführt. 
Von diesem Standpunkt aus erscheint die Definition durch
	        
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