Zur Theorie der Fiktionen
Grund
keit mit selbständiger Bedeutung der Intellekt getreten. Wenn
man beide Voraussetzungen (Empfindungen und Intellekt),
beide unbeweisbar aber notwendig zum Aufbau der Fiktions
lehre, selbst als logisch berechtigte Fiktionen auffaßt, wer
den nach Ansicht Spickerbaums gewisse Schwierigkeiten
beseitigt. Dann erscheinen alle Weltanschauungen bei folge
richtiger Durchführung dieser Auffassung als in sich ge
schlossene, einheitliche Deutungsversuche, die auf willkürlich
angenommenen, unbewiesenen Voraussetzungen auf bauen,
mögen diese wie meistens als absolut wahr und selbstverständ
liche angenommen, oder aber mit dem Bewußtsein ihrer Fik-
tivität hingestellt worden sein. Die Fiktivität der ersten An
nahme überträgt sich jedesmal auf alle Folgerungen. Diese
Systeme werden so praktisch brauchbar, aber sie haben keinen
Anspruch auf absolute Wahrheit.
In jeder solchen Philosophie muß etwas vom Intellekt Un
abhängiges das Fundament sein; bei Vaihinger sind es die
Empfindungen, bei Lapp das „philosophische Erlebnis“, die
intuitiv erlebte Erkenntnis der Lebensnotwendigkeit und dar
um die bewußte Bejahung des Willens zum Schein. Spicker
baum sieht die Grundlage in der Bejahung der Welt und des
Lebens, also ebenfalls in einem Erlebnis, das den festen Punkt
außerhalb des diskursiven Denkens bildet.
Daß Vaihinger die Wirklichkeit allein mittels des von den
übrigen Erkenntniskräften losgelösten diskursiven Verstandes
zu bewältigen sucht, kennzeichnet nach Spickerbaum seine
Methode als eine abstraktiv-fiktive.
Auch G. Spengler 87 ) findet, daß der Begriff des Wirk
lichen bei Vaihinger nirgends eine nähere Bestimmung er
fahre, obwohl er für die bei den Fiktionen konstatierte Ab
weichung von der Wirklichkeit nicht irrelevant sein könne.
Ebenso sei es unklar, ob das Empfinden (der Empfindungs
akt) oder das Empfundene (der Gegenstand) die Wirklichkeit
sein soll, und nachher bezeichne Vaihinger nur die unabänder
liche Zeitfolge, somit das Bestehen einer Relation als ein Wirk
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