Full text: Fiktionen in der Mathematik

Zur Theorie der Fiktionen 
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I. Der naive Wirklichkeitsbegriff. Er umfaßt 
1. die Gegenstände der sinnlichen Wahrnehmung, 
2. das nicht unmittelbar, aber durch gewisse Wirkun 
gen Wahrgenommene. 
II. Der wissenschaftliche Wirklichkeitsbegriff. 
M. Schlick ist der Meinung, daß auch jeder wissenschaft 
liche Wirklichkeitsbegriff die erste Bestimmung des naiven 
Wirklichkeitsbegriffs annehmen müsse. Hinsichtlich der zwei 
ten stellt er aber mannigfache Abweichungen fest. 
A. In den realistischen Systemen zeigt sich das 
Bestreben, einheitliche Wirklichkeitskriterien aufzustellen. Da 
bei wird entweder versucht, jene erste Bestimmung des naiven 
Wirklichkeitsbegriffs der zweiten unterzuordnen, indem man 
die Formel prägt: „Wirklich ist, was wirkt“, oder sucht man 
das Sein durch das Bestehen von Beziehungen zu charakteri 
sieren, was aber M. Schlick nicht für ausreichend ansieht. 
Eine andere Richtung nimmt die Dinge als die Bedingungen 
möglicher Erfahrungen (vgl. St. Mill), wogegen Kant sagt: 
„Was mit den materialen Bedingungen der Erfahrung (der 
Empfindung) zusammenhängt, ist wirklich.“ 
Auch Riehl bemerkt: „Wirklich sein“ und „in den Zu 
sammenhang der Wahrnehmungen gehören“ bedeutet ein und 
dasselbe.“ 
M. Schlick meint, in diesen Fassungen trete die Notwendig 
keit klar hervor, die Bestimmung des Realen irgendwie an das 
unmittelbar Gegebene anzuschließen; es werde damit auch die 
Unmöglichkeit einer rein logischen Definition des Wirklichen 
richtig zum Ausdruck gebracht 113 ). 
Gibt es nun ein charakteristisches Merkmal, das bei allen 
diesen Fassungen zu entscheiden gestattet, ob Wirklichkeit 
vorliegt oder nicht? 
M. Schlick findet dieses charakteristische Merkmal in der 
Zeitlichkeit alles Wirklichen.
	        
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