Full text: Fiktionen in der Mathematik

Grundlagen der Vaihinger sehen Fiktionslehre 
47 
worfenen Frage dadurch näher zu kommen, daß wir den 
Untersuchungen von E. Husserl und im Zusammenhang damit 
dem Wirklichkeitsbegriff der Mathematik noch besondere Be 
achtung schenken. 
E. Husserl 118 ) führt statt der gewöhnlichen Unterschei 
dung von Real- und Idealwissenschaften einen doppelten Gegen 
satz ein: Den Tatsachen stellt er das Wesen, dem Realen das 
Nichtreale gegenüber; denn einerseits will er das reale Sein 
von dem individuellen (zeitlichen Sein schlechthin) unter 
scheiden, andererseits gibt es nach seiner Ansicht Wesens 
erkenntnis von Realem und von Idealem. 
„Jeder Wissenschaft entspricht ein Gegen 
standsgebiet als Domäne ihrer Forschungen, 
und allen ihren Erkenntnissen, d. h. hier richtigen Aussagen, 
entsprechen als Urquellen der rechtausweisenden Begrün 
dung gewisse Anschauungen, in denen Gegenstände des Ge 
bietes zur Selbstgegebenheit und mindestens partiell zu origi 
närer Gegebenheit kommen“ 117 ). Für die „natürliche“ Ein 
stellung ist die Welt der Gesamthorizont möglicher Forschun 
gen, die Wissenschaften sind Wissenschaften von der Welt 
und die Begriffe „wahrhaftes Sein“ und „wirkliches, d, i. 
reales Sein“ decken sich. 
Die gebende Anschauung dieser „natürlichen“ Erkenntnis 
sphäre ist die natürliche Erfahrung, und die originär gebende 
Erfahrung ist die Wahrnehmung im gewöhnlichen Sinn. Die 
Welt ist der Gesamtinbegriff von Gegenständen möglicher Er 
fahrung. Alle transzendental gereinigten „Erlebnisse“ aber 
sind „Irrealitäten“, gesetzt außer aller Einordnung in die 
„wirkliche Welt“. Diese Irrealitäten erforscht die Phänomeno 
logie, nicht als singuläre Einzelheiten, sondern im Wesen. 
„Erfahrungswissenschaften sind Tatsachenwissenschaften. 
Die fundierenden Erkenntnisakte des Erfahrens setzen Reales 
individuell“, als etwas räumlich-zeitlich Daseiendes. Indivi 
duelles Sein ist zufällig, es ist so, es könnte seinem Wesen 
nach auch anders sein. Aber zum Sinn jedes Zufälligen ge 
hört, ein Wesen, ein rein zu fassendes Eidos zu haben. Er-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.