Full text: Fiktionen in der Mathematik

Zur Theorie der Fiktionen 
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Nicht viel günstiger lautet das Urteil, das Lapp über Bus 
serl abgibt. Er faßt seine Untersuchungen dahin zusam 
men 152 ): „Husserls Argumentation gründet auf der Voraus 
setzung, daß die Objektivität der Wahrheit auf ihrer über 
empirischen Idealität beruhe, und daß die Wahrheit unab 
hängig von allem Individuellen, Psychischen und Zeitlichen 
einem „unzeitlichen Reich der Ideen“ angehöre. „Die Idealität 
der Wahrheit macht ihre Objektivität aus“ usw. „Wahrheit 
ist eine Idee, deren Einzelfall im evidenten Urteil aktuelles 
Erlebnis ist.“ Demgegenüber haben wir darauf hingewiesen, 
daß die positive Bestimmung der Idealität der Wahrheit Hus- 
serl nicht völlig gelingt, und daß es sich bei der Idealität der 
Wahrheit wohl um eine Fiktion handle, die als unentbehrliche, 
aber auch unbeweisbare Voraussetzung der Husserlschen Un 
abhängigkeitstheorie anzusehen sei. Eben das Wesen der Fik 
tion aber schließe aus, daß das Sein der idealen Wahrheit 
wirklich behauptet werde. Husserls Theorie aber, die sich auf 
das wirkliche Sein der Idealität der Wahrheit stützt, haben 
wir dadurch zu bestreiten versucht, daß wir darauf hinwiesen, 
daß ein unveränderliches Hinüberwandern der extramentalen 
Wahrheiten in unseren Intellekt nur durch ein Wunder ge 
schehen könne. Auch haben wir nachzuweisen versucht, daß 
die Evidenz- und Übereinstimmungstheorie, auf die Husserls 
Theorie hinausläuft, nur durch die Annahme eines, wie Uphues 
sagt, überzeitlichen Bewußtseins mit der Idealität der Wahr 
heit zu vereinbaren sei. Da ein solcher logischer Mystizismus 
aber nicht im Sinn der Husserlschen Theorie liege, könne 
unter den gegebenen Voraussetzungen nur von Evidenz im 
laxen Sinn die Rede sein.“ 
Es kann gleich hier angefügt werden, daß diese Kritik der 
Husserlschen Ansichten wohl nicht stichhaltig ist. Husserl 
unterscheidet scharf die Evidenz beim assertorischen Sehen 
eines Individuellen, z. B. das „Gewahren“ eines Dinges, von 
der Evidenz des „apodiktischen Sehens“, des Einsehens eines 
Wesens oder Wesensverhaltes, die adäquate Evidenz von der 
inadäquaten; die reale von der idealen Evidenz 153 ).
	        
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