Full text: Fiktionen in der Mathematik

Grundlagen der Yaihingerschen Piktionslehre 
Wenn Lapp meint, man könne in Analogie mit der Riemann 
schen oder Lob atschefskysehen Geometrie sich auch Wesen 
denken, für die der Satz 2X2 = 5 wahr wäre, wir hätten 
also, da dies als Urteil falsch sei, falsche Urteile mit wahren 
Sätzen als Inhalt, so kann diese Argumentation nur auf Miß 
verständnissen beruhen. 
Bei der „Wahrheit“ ist keine Rede vom Faktum eines Er 
lebnisses und eines Urteilenden, obwohl die Wahrheit aktuell 
nur gegeben sein kann in einem aktuellen Evidenzbewußtsein. 
Schließlich wendet sich A. Lapp der Yaihingerschen Lehre 
zu. Vaihinger macht in seiner biologischen Erkenntnistheorie 
nach der Ansicht von Lapp die Voraussetzung der realen 
Existenz zweckbewußter Wesen und des realen Waltens des 
Zweckprinzips im realen Universum; diese Grundlagen löse 
Vaihinger allerdings selbst schon teilweise in Fiktionen auf. 
Lapp will zeigen, daß die Voraussetzungen Vaihingers wirk 
lich in Fiktionen aufgelöst werden können und welche Posi 
tion sich daraus ergibt. Für Vaihinger ist die Vorstellungs 
welt ein Hilfsgebilde zur Orientierung in der Welt der Wirk 
lichkeit, kein Abbild der „Wirklichkeit oder des kosmischen 
Geschehens“, sondern nur ein Teil desselben, ein Instrument 
usw.... Im Handeln erleben wir aber nicht die Richtigkeit 
oder Wahrheit, sondern die Brauchbarkeit unserer fiktiven 
V orstellungs weit. 
Aus dieser Position ergibt sich ein extremer Gegensatz zu 
jedem Dogmatismus: der Perspektivismus. Es gibt 
keinen einheitlichen und eindeutigen Mittelpunkt des Seins, 
weder im Ich, noch im Nicht-Ich; weder im Psychischen noch 
im Physischen. Alle Dinge und Begriffe sind nur in bezug auf 
einander setzbar, sie sind Fiktionen usw.... Es gibt keinen 
absoluten Orientierungspunkt. Orientierung ist von jedem 
willkürlich gewählten oder gesetzten Punkt aus über das 
Ganze möglich, aber jede Orientierung ist relativ, jede er 
öffnet nur Perspektiven, deren jede ein in sich geschlossenes 
System darstellt. Es gibt also kein eindeutiges, absolutes Zen 
trum des Seins, statt dessen relative Eindeutigkeit der Per 
Betsch. 
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