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Vorwort.
aber nicht spezielle Yorkenntnisse (mit Ausnahme einer Stelle im
VII. Kap., S. 392) vorausgesetzt werden, dürfte auch solchen Elernentar-
lehrern, welche an höheren Lehranstalten Rechenunterricht zu erteilen
haben, das Studium der betreffenden Abschnitte die Möglichkeit bieten,
diesen auf eiue wissenschaftliche Grundlage zu stellen und so die
Schüler für den späteren Unterricht in der Arithmetik zweck
entsprechend vorzubereiten. Aufgaben sind nur insoweit aufgenommen
(namentlich in Kap. V, § 7, „Wahrscheinlichkeitsrechnung“), als sie
zur Erläuterung der Theorie erforderlich schienen.
Wert gelegt wird in allen Teilen des Buches auf exakte Dar
stellung, auf scharfe Unterscheidung zwischen willkürlichen Fest
setzungen und sich mit Notwendigkeit ergebenden Konsequenzen; bei
allen Aussagen, Sätzen und Formeln ist angegeben, für welchen Zahl
bereich sie gültig sind. Die Definitionen sollen dem Leser nicht un
vermittelt, wie aus der Pistole geschossen, gegenübertreten; ich habe
mich vielmehr bemüht zu zeigen, aus welchen Gründen man gerade
auf diese oder jene Begriffsbestimmung gekommen ist.
Besondere Beachtung ist solchen Punkten gewidmet worden, die
auch noch in so manchen neueren Veröffentlichungen der nötigen Klar
heit ermangeln (ich denke z. B. an die Multiplikation relativer Zahlen,
S. 167—169, den Unterschied zwischen vollkommenen und unvoll
kommenen Gleichungen, S. 172—173, S. 386—388 und S. 402—406,
die Logarithmen negativer Zahlen, S. 396—397 und S. 399—402, usw.).
Der in den meisten neueren wissenschaftlichen Darstellungen der
Arithmetik üblichen rein formalen Definition der verschiedenen Zahl
arten habe ich mich nicht anzuschließen vermocht (siehe z. B. S. 76).
H. Hankel (Theorie der komplexen Zahlensysteme, Leipzig 1867,
S. 7) und G. Cantor (Mathematische Annalen, Bd. 21, S. 562) haben
es klar und deutlich ausgesprochen, daß man von der Realität irgend
welcher Zahlbegriffe in zweierlei Sinne reden könne. Cantor legt
einem Zahlbegriffe „immanente“ Realität bei, wenn dieser auf Grund von
Definitionen in unserem Verstände einen ganz bestimmten Platz ein
nimmt, von allen übrigen Bestandteilen unseres Denkens sich deutlich
unterscheidet und zu ihnen in bestimmter Beziehung steht. Läßt sich
aber von Zahlbegriffen außerdem noch zeigen, daß sie Abbilder von
Objekten oder Beziehungen in der dem Intellekt gegenüberstehenden
Außenwelt sind, so kommt ihnen nach Cantor „transiente“ Realität
zu. Und wenn nun auch die reine Wissenschaft (die Cantor an der
zitierten Stelle deshalb die „freie“ Mathematik nennt) bei ihren Speku
lationen sich mit der immanenten Realität eines Zahlbegriffs begnügen
kann, so ist nach meiner Ansicht für die Schule doch der Nachweis
seiner transienten Realität unbedingt erforderlich. Es sind deshalb in
dem vorliegenden Buche alle Zahlen aus Mengen hergeleitet, unter deren