178 V. Kapitel. Rechenoperationen im Bereiche der rationalen Zahlen.
für den in Betracht kommenden Zweck als durchaus gleichartig auffaßten
(was uns natürlich um so leichter wird, je weniger die in jedem Falle
doch vorhandenen Unterschiede von uns wahrgenommen werden können),
war die Reihenfolge der Dinge einer Menge vollkommen gleichgültig
oder vielmehr, es hatte gar keinen Sinn, von einer Reihenfolge zu
sprechen. Betrachten wir die Dinge oder „Elemente“ einer Menge
nicht mehr als gleichartig, sehen also nicht von allen besonderen
Eigenschaften ab, so kommt es häufig vor, daß in mancher Hinsicht
ihre Aufeinanderfolge von Wichtigkeit ist, z. B. wenn es sich um die
Ziffern einer dekadischen Zahl, die Schüler einer Klasse usw. handelt.
Wir legen uns deshalb die Frage vor, welche und wie viele Reihen
folgen bei einer gegebenen Menge von Elementen möglich sind. Die
Gesamtheit der in Betracht kommenden Elemente nennt man, wenn unser
Interesse auf ihre Reihenfolge gerichtet ist, eine Permutation der
Elemente. Die Anzahl der bei denselben n Elementen möglichen Per
mutationen bezeichnen wir durch F n . Ohne weiteres sieht man, daß
P x — 1 und P 2 =2. Um alle möglichen Permutationen dreier Ele
mente zu erhalten, greift man irgend eins der drei Elemente heraus.
Dieses wird in so vielen Permutationen an der ersten Stelle stehen
können, als für die beiden übrig bleibenden Reihenfolgen möglich sind,
d. h. in P 2 = 2 Permutationen. Da nun jedes der drei Elemente den
ersten Platz einnehmen kann, erhalten wir im ganzen P 3 = 8 P 2 = 3 • 2
Permutationen. In ähnlicher Weise findet mau P 4 = 4P 3 = 4 • 3 • 2,
P 5 ==5P 4 = 5- 4- 3- 2 usw., so daß sich die Vermutung aufdrängt,
daß allgemein P n gleich dem Produkte aller positiven ganzen Zahlen
von 1 bis n ist. Von der Richtigkeit dieser Vermutung überzeugt
man sich durch den Schluß von n auf n -{- 1 1 ). Wie soeben ergibt
sich nämlich zunächst, daß JP n + 1 = (n -f- l)P n , und wenn nun als be
wiesen angenommen wird, daß
so folgt:
P n = 1 • 2 • 3 ■ ■ ■ (» - 1) • «,
P„ + 1 ™ 1 • 2 • 3 • • ■ (m - 1) • n ■ (n + 1),
d. h. die Formel gilt auch für die nächstgrößere ganze Zahl n -\- 1,
und da sie für n = 2 sicher richtig ist, gilt sie für jede positive ganze
Zahl n. Zur Abkürzung bezeichnet man das Produkt aller natür-
1718). Mehrere zusammenfassende Darstellungen der Kombinatorik stammen ans
dem Ende des 18. und dem Anfänge des 19. Jahrhunderts, aus neuerer Zeit nur
das Lehrbuch der Kombinatorik von E. Netto, Leipzig 1901, auf welches wir
hinsichtlich aller der Fragen verweisen, auf die wir in diesem Buche nicht näher
eingehen können. Einige auf dem Gebiete der Kombinatorik im 19. Jahrhundert
tätig gewesene Autoren werden wir noch im Laufe unserer Darstellung zu
zitieren haben.
1) Vgl. Kap, I, § 3 B, S. 10.