Full text: Arithmetik (1. Teil, 1. Band)

§ 1. Der Begriff der natürlichen Zahl. 
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Kollektion. Zu erklären, in welchem Sinne wir trotzdem berechtigt 
sind, auch in solchen Fällen von einer „Vielheit“ zu sprechen, ist eine 
Aufgabe der Psychologie. In der schon zitierten „Philosophie der 
Arithmetik“ hatHusserl diesem Problem eine ausführliche Auseinander 
setzung gewidmet, deren Ergebnis ist, daß wir in den erwähnten Fällen 
zwar nicht eine eigentliche Vorstellung der Menge oder Vielheit haben, 
wohl aber eine symbolische, d. h. durch Zeichen vermittelte und ein 
deutig charakterisierte. Jeder Menge von Objekten, sei sie eigentlich 
oder symbolisch vorgestellt, entspricht nun aber eine bestimmte Viel 
heit von Einheiten, eine Anzahl. Denn der Begriff der Kollektion 
aller Glieder der Menge ist ein vollkommen bestimmter, wenn wir 
auch die Kollektion zu vollziehen nicht imstande sind. 1 ) Wie aber 
kennzeichnen wir die einer nur symbolisch vorzustellenden Menge zu 
gehörige Zahl, falls wir sie im eigentlichen Sinne nicht mehr bilden 
können? Es bleibt uns zunächst das Mittel, die gegebene Menge in 
Gruppen zu teilen, denen noch eigentlich vorstellbare Zahlen, z. B. 
fünf, sechs, acht, entsprechen. Können wir uns nun auch die sämt 
lichen in diesen Zahlen enthaltenen Einheiten nicht mehr gleichzeitig 
gesondert vorstellen, so halten wir uns an die Zusammenstellung der 
Zahlnamen fünf, sechs, acht (bezüglich ihrer Zeichen), und diese ver 
tritt die für uns nicht eigentlich vorstellbare Zahl, ist ein Symbol 
derselben. Wenn die Zahl der Gruppen einer Menge aber nicht zu 
groß werden soll, sind als Vermittler der Zahlenbildung nicht bloß 
die eigentlich vorstellbaren Zahlen, sondern auch die bereits symbolisch 
gebildeten zuzulassen. Um dem ganzen Aufbau einen festen Halt zu 
geben, müßten dann aber auch alle diese Zusammenstellungen von 
Zahlnamen wieder besondere Bezeichnungen erhalten, und man würde 
bald so viele verschiedene Kamen bekommen, daß das Gedächtnis sie 
unmöglich beherrschen könnte. Es tritt noch ein anderer erheblicher 
Übelstand hinzu. Weil nämlich dieselbe Menge verschiedene Gliede 
rungen zuläßt, würden ihr verschiedene Zahlformen entsprechen können, 
während ihr doch nur eine einzige wirkliche Zahl zukommt. Für die 
Vergleichung wären derartige Zahlformen also recht unzweckmäßig. 
Um diese Mängel zu vermeiden, ist es einerseits erforderlich, ein 
festes Prinzip für die Bildung der symbolischen Zahlformen ein 
zuführen, damit man eben nur dieses und nicht alle die zu bildenden 
Formen dem Gedächtnisse einzuprägen hat. Andrerseits ist dafür zu 
1) Es hat nichts Widersinniges an sich, uns unsere geistigen Fähigkeiten 
so erweitert vorzustellen, daß auch bei großen Mengen die gleichzeitige Auf 
fassung aller Glieder noch möglich ist. Tatsächlich besitzen manche Menschen 
diese Fähigkeit in weit höherem Grade, als sie dem Durchschnitt zukommt. So 
soll der bekannte Rechenkünstler Dahse, wenn er irgendwo 30 bis 40 Bücher 
sah, die Zahl derselben momentan richtig angegeben haben.
	        
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