Full text: Arithmetik (1. Teil, 1. Band)

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VI. Kapitel. Die irrationalen Zahlen 
Weierstraß sehen Theorie bezeichnete Cantorsche 1 ) Definition der 
irrationalen Zahlen an. Es gibt aus unendlich vielen rationalen Zahlen 
bestehende Reihen a 1} a 2 , a 3 , . . , in inf., deren Glieder mit wachsendem 
Index sich einer bestimmten rationalen Zahl beliebig nähern. Wenn 
beispielsweise 
so ist lim a„= 1. 
n 
Bei einer solchen Reihe läßt sich stets nach Annahme einer beliebig 
kleinen positiven Größe d eine Zahl N so finden, daß für alle posi 
tiven ganzzahligen Werte von v und für n^>N die Differenz a n + v — a n 
dem absoluten Betrage nach kleiner als d ist. Wenn nun die Glieder 
einer unendlichen Reihe a it a 2 , a 3 ,. . . die letztere Bedingung erfüllen, 
ohne daß ein rationaler Grenzwert existiert (z. B. für 
falls die c v nur die Werte 0, 1, 2, . . ., 9 annehmen, ohne eine Periode 
zu bilden), so ordnet ihr Cantor eine Zahl h zu, welche dadurch zu 
einer bestimmten Größe wird, daß für sie die vier Grundrechnungs 
arten sowie Gleichheit und Ungleichheit definiert werden. 
Eine mit der Cantor sehen fast identische Theorie hat auch 
schon Ch. Méray 2 ) kurz vor Cantor publiziert 3 ). 
Für den Anfänger schien es uns am zweckmäßigsten, behufs 
Feststellung des Begriffs der irrationalen Zahlen von den Algorithmen 
auszugehen, durch die wir im Gebiete der rationalen Zahlen die 
Werte berechnet haben, welche die nicht existierenden Lösungen 
gewisser Gleichungen wie x 2 = a und g x = a (a, g beliebige positive 
rationale Zahlen) für praktische Zwecke zu ersetzen vermögen. Des 
halb haben wir unserer Darstellung die Definition der irrationalen 
Zahlen durch zwei gegeneinander konvergierende monotone Reihen 
zugrunde gelegt, die einerseits für das numerische Rechnen mit irra- 
1) G-. Cantor, Math. Ann. Bd. 5 (1872), S. 123; Math. Ann. Bd. 21 (1883), 
S. 545 ff. — Heine, Die Elemente der Funktionenlehre, Journal f. Mathematik, 
Bd. 74 (1872), S. 172. — Stolz, Vorlesungen über allgemeine Arithmetik, Leipzig 
1885, I. Teil, VII. Abschnitt. — Stolz und Gmeiner, Theoretische Arithmetik, 
Leipzig 1902, H. Abteilung, VII. Abschnitt. 
2) Revue des sociétés savantes: sciences mathématiques (2) 4, 1869, S. 284 
und Nouveau précis d’Analyse infinitésimale, Paris 1872, Art. 1—9. 
3) Einen eigenartigen und zwar ablehnenden Standpunkt gegenüber allen 
diesen arithmetischen Theorien nimmt G. Frege ein in dem Werke „Grundgesetze 
der Arithmetik“, 2. Bd., Jena 1903, S. 69—162.
	        
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