Full text: Arithmetik (1. Teil, 1. Band)

§ 2 E. Zusatz. Komplexe Zahlen aus mehr als zwei Einheiten. 359 
Wenn man auf die Allgemeingültigkeit des kommutativen Gesetzes ver 
zichtet, so gibt es noch ein einziges System komplexer Größen, für welches im 
übrigen alle für die reellen und die gewöhnlichen komplexen Zahlen gültigen 
Rechengesetze bestehen bleiben, also auch ein Produkt nur verschwinden kann, 
wenn einer der Faktoren Null ist. Es sind dies die „Quaternionen“*), d. h. die 
aus den Einheiten 1, ¿, j, Je zusammengesetzten Zahlen, für welche die Mul 
tiplikationsgleichungen lauten ; 
ii =—1, jj = — 1, Tili — — 1, 
ij = h, jk — i, lei ==j, 
ji = — Jc, Tcj = — i, ik = — j. 
Da diese Relationen als Abbild gewisser Beziehungen und Operationen in der 
Geometrie des Raumes gedeutet werden können, haben die Quaternionen in 
neuerer Zeit vielfach Anwendung in der Geometrie und in der mathematischen 
Physik gefunden. 
Läßt man noch mehr Abweichungen von den für reelle Zahlen gültigen 
Rechengesetzen zu, so sind eine große Anzahl weiterer komplexer Zahlensysteme 
denkbar. Die aus drei und die aus vier Einheiten,zusammengesetzten sind in dem 
schon § 1 zitierten, von E. Study verfaßten Artikel über die Theorie der komplexen 
Größen im ersten Bande der Encyklopädie der Mathematischen Wissenschaften 
vollständig zusammengestellt, wo auch die weitere neuere Literatur über dieses 
Gebiet zu finden ist. 
F. Die gemeinen komplexen Zahlen. Sätze über den absoluten Betrag. 
Wir beschränken uns im folgenden auf das System der gemeinen 
komplexen Zahlen, weil es einerseits das einzige ist, in welchem sämt 
liche für reelle Zahlen gültigen Rechnungsgesetze erhalten bleiben, 
und weil es andrerseits für die Bedürfnisse der Arithmetik, Algebra 
und Analysis vollkommen ausreicht. 
Für die bisher mit dem Buchstaben e bezeichnete Haupteinheit, 
welche bei der Multiplikation jede beliebige Zahl ungeändert läßt, 
können wir jetzt auch ohne Beeinträchtigung der Allgemeinheit das 
Zeichen 1 einführen und dementsprechend für ae kurz a schreiben; 
denn, wenn c eine beliebige komplexe Zahl bedeutet, so ist ja 
(ae)c — cc (ec) = ac. 
1) Die Theorie der Quaternionen stammt von Hamilton; vgl. § 1, S. 337. 
In Deutschland ist sie erst durch die übersichtliche Darstellung in dem soeben 
zitierten Werke von Hankel recht bekannt geworden. Aus den Aufzeichnungen, 
die sich im Nachlaß von Gauß gefunden haben, geht übrigens hervor, daß dieser 
umfassende Geist bereits um das Jahr 1820 auch schon im Besitze des.Quaternionen- 
kalkuls gewesen ist. Daß die Quaternionen das einzige System komplexer Größen 
mit mehr als zwei Einheiten bilden, für welches außer dem kommutativen Ge 
setze der Multiplikation alle übrigen für die reellen Zahlen gültigen Gesetze 
erhalten bleiben, hat Frobenius im Journal für Mathematik, ßd. 84, S. 63, be 
wiesen.
	        
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