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Full text

Title
Die geistige Botschaft romanischer Bauplastik
Author
Wiebel, Richard

Der Turmkfries in Hirlau
Die Petruskirche in Hirsau wurde 1083 bis 1091 erbaut. Zwei Türme
wurden zu Anfang des zwölften Jahrhunderts vor die Westseite der
Kirche gestellt; zwischen ihnen fand eine Vorhalle Platz. Wir gehen auf
die Bauͤgeschichte nicht ein. Vom Turmpaar steht nur noch der nördliche,
auch Eulenturm genannt. Den Fuß seines dritten Geschosses umgzieht
ein Figurenfries, der ringsum zu denken ist, obgleich er an der Ostseite
nicht zur vollständigen Ausführung kam, weil diese Seite durch das
Kirchengebäude größtenteils verdeckt war. Der Fries ist in starkem Re—
lief ausgeführt, die Mittelfiguren nahezu freistehend. An, den Ecken
ruhen Lowen, die Mitte nimmt eine die Frieshöhe von etwa einem Meter
fast ums Doppelte überragende Menschenfigur ein, in den Füllungen
ind Tiere und, an der Nordseite, ein Rad und ein betender Mensch.
Die Bilderklärung, die vor einem schwierigen (nach Mettler hoff—
nungslosen) Rätsel stand, wurde von der Voraussetzung bestimmt, wie—
biele Bildbänder oder Hauptteile des Bildinhalts anzunehmen seien.
Ausgeführt sind, wie gesagt, nur drei. Aber wer von Westen herantre—
tend vor dem vierseitigen Turm ankommt und den Friesgürtel sieht,
der muß der Meinung sein, daß dieser Gürtel den Turm auf allen vier
Seiten umgibt, er setzt beim Versuch, den Inhalt des Bildbandes abzu—
lesen, ein vierteiliges Thema voraus, gleichbiel, ob auf der ihm nicht
fichtbaren Ostseite eine Fortsetzung verdeckt oder nicht ausgeführt wurde.
Es ist notwendig, die durch den Abbruch der Kirche freistehende Ost—
seite des Turmes genau anzusehen. Da ist der Fries niemals aus—
geführt, nicht etwä bloß zerstört worden. An der Nordecke liegt der
Löwe, der dem des nördlichen Friesteils begegnet, auf dem den gangen
Turm umgebenden Gesimse. Unterhalb dieses Löwen, etwa zwei Meter
lefer, beginnt eine schiefe Anstoßspur, zur südlichen Turmkante, über
die südöstliche Lisene hinweg aufzusteigen, die, in der ganzen Turm—
breite sichtbar, das Gesims in der Mitte durchbricht. Aus dieser, von
einem anstoßenden Dache herrührenden Spur läßt sich nichts Sicheres
erschließen. Das Kirchengebäudé stand jedenfalls sehr nahe an der
Turinwand, so daß der größte Teil des Frieses verdeckt war. Darum
wurden Füllungen nicht augebracht und der Löwe, der zur Südkante
hin liegen müßte, weggelassen. Die Spur läßt auf einen Giebel schlie⸗
hen, sowie auf die Wiederholung der gleichen Verdeckung und Nicht—
zusführung des Frieses am ehemaligen Turme. Auch dort muß ein
Löwe vbder ähnliches Tier an der Außenseite gelagert haben. Die Ab—
ficht, den Fries der Ostseiten nicht auszuführen, schließt jedoch nicht aus,
daß ein vierteiliges Programm vor Erbauung der Türme vorgesehen
var. Dann aber wurde nur ausgeführt, was leicht sichtbar bleiben
konnte, nämlich der Ecklöwe am Nordturm gegen Norden hin, entspre—
Hend am Südturm gegen Süden.
Es ist ausgeschlossen, daß dieser Löwe nur deshalb hier seinen Platz
fand, damit eine Siebenzahl erreicht werde. Die Zahlensymbolik war
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