Skulptur gleichen Inhalts. Das Motiv der zwei Drachen, die einander
gegenüber liegen und ihre Hälse umschlingen, so daß die Köpfe von ein—
ander abgewendet sind, ist uralt, nicht erst romanisch. Da an diesem Er—
satzblock auch die Akanthusrückwand, die an ursprünglichen Stücken
beider Friesleile vorhanden ist, in allerdings roher Ausführung nach—
geahmt ist, dürfen wir annehmen, daß der Bildinhalt keine Verände—
rung erfahren hat. Es ist eine Vielheit gleichartiger Wesen, ungeflü—
gelter Unterweltsdrachen (auch Tietze bezeichnet sie als ungeflügelt,
S. 107). Die Flügel sind angezeigt, aber eng anschließend, was sonst
öfter vorkommt; auch sollten diese Drachen der Unterwelt vier Beine
haben (darüber siehe Schottentor, S. 22 und andere Stellen); die vor—
nals strenge ikonographische Bindung ist Mitte des dreizehnten Jahr—
hunderts schon gelockert (Sauer, S. 378). Dem Sinne nach sind die Un—
lerweltsdrachen gemeint, die Lindwürmer, entsprechend dem Worte;
.. in die Hölle, in das unauslöschliche Feuer, wo ihr Wurm nicht
ftirbt“ (Mark. 9, 45; Is. 66, 24).
Das ist der Abschluß der nördlichen Bilderreihe im Sinne von Offb.
20, 9. 10: „Der Teufel, der sie verführt hatte, ward geworfen in den
Feuer- und Schwefelpfuhl, wo auch das Tier und der falsche Prophet
sAntichrist) geguält werden Tag und Nacht in alle Ewigkeit“.
Zusammenfassung
Am Vorbau die Konsolenbilder: Der Fürst der Welt mit Anbe—
ter und Opfer; Leidenschaft und höllische Geister, abwechselnd
mit den Köpfen der Vertreter der sechs Weltzeitalter. In den Nischen
unten die Löwen als Wächter des Heiligtums; oben Tod, Auferstehung,
—E—
„Am Riesentaꝙxoben der Weltrichter und die Apostel. Die Wand—
säulen zeigen für Süden Leben, für Norden Tod an. Die Skulpturen
der Gewändestufen sind z. T. zerstört. Die Kapitelle der Südseite be—
ziehen sich auf sündhaftes Weltleben, die der Nordseite auf Tod, Un—
lerwelt und Auferstehung. Die Bilder des südlichen Kämpferfrieses
bedeuten: Die Wiederaufnahme des Bekehrten; dann nach Offb. 22, 15:
Die Hunde, die Irrlehre, der Mord, die Zauberei, der Götzendienst, die
Unzucht. Die Bilder der nördlichen Reihe sind: Der Teufel als Verführer,
der Antichrist in Vorbereitung, die Adler der Auferstehung und des
Gerichts in Bereitschaft, die Judenbekehrung, die Kräfte des Himmels,
die erschüttert werden, die Drachen der Hölle. Inmitten beider Reihen
wachen die Löwen.
Tietze, Hans, Wien, 1931: „Geschichte und Beschreibung des St. Stephans⸗
domes in Wien“; dieses ausführliche Werk mit Bildmaterial liegt den bau⸗- und
kunstgeschichtl. Angaben dieser Arbeit zu Grunde. Auf die ikonographischen Aus—
führungen u. den früheren, die er S. 116 erwähnt, wurde hier nicht eingegangen,
weil die Methode des Verf. andere Wege einschlägt und Auseinandersetzungen
nicht beabsichtigt sind. — Amira, Handgebärden im Sachsenspiegel, Mchn. Ab—
handlungen d. J. Kl. d. K. Ak. d. Wiss. Band 28, S. 168ff. Bergner, Handbuch
d. kirchl. Kunstaltertümer, L., 1905. Bühler, Das deutsche Geistesleben im
Mittelalter, L., 1927. Die Christl. Kunst, Mechn., 21. Ig., S. 178; 29. Ig.,
S. 231. Hamann, Geschichte der Kunst, Berlin, 1933. Hettinger, Die Gött—
liche Komödie, Freibg. 1889. Karlinger, Roman. Steinplastik in Altbayern
u. Salzburg, Augsburg, 1924. Kraus, Gesch. der christl. Kunst, Freiburg, 1806.
Molsdorf, Christl. Symbolik, L. 1926 Novotny, Roman. Bauplastik in
Osterreich, Augsburg, 1930. Sa user, Symbolik d. Kirchengebäudes, Freib. 1924.
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