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eines entgegenkommenden, für Freundschaft empfänglichen Ge
mütes anschloßt). So gingen denn rasch die theologischen
Studienjahre zu Ende, und deren Abschluß stand vor der
Thüre, als unerwartet dem jungen Manne der Antrag geschah,
diese Laufbahn zu verlassen. Ende Januar 1594 traf ihn
nämlich ein Ruf ans Prag, die Professur der „Mathematik
und Moral" an der steirischen Landschastsschule in Graz zu
übernehmen, und diesem Ruse folgte er. Es niochte ihn da
bei wohl die Erwägung leiten, daß ihm der Württembergische
Kirchendienst mit der Versorgung auch manche Schwierigkeiten
bringen werde, denn man wußte in den maßgebenden Kreisen
sehr wohl, daß der Stipendiat Kepler zwar sehr gelehrt und
tadellos im Wandel, nicht aber von jener Glaubensstrenge
durchdrungen war, welche man damals und später als die
erste Voraussetzung für das geistliche Amt betrachtete.
Geradezu erwünscht kam die Berufung für Kepler gleich
wohl nicht. Astronomische Studien habe er, so sagt er selber "),
gerne getrieben, insoweit dergleichen eben zu deut ihm vorge
schriebenen Lehrgänge gehörte, und es sei ihni nicht schwer ge
fallen, Zahlen und Figuren zu verstehen. Allein sich dauernd
daniit zu beschäftigen, habe ihm ferne gelegen. Allein Kanzler
und Senat unterstützten beu Wunsch der steirischen Landschasts-
verordneten, und so entschloß sich der junge, Zeit seines Lebens
leicht bestimmbare Mann zur Annahme. Man versah ihn auch
mit dem nötigen Reisegelde, und begleitet von seinem Vetter Jäger,
der sich aber nachher gerade nicht als der treuste Genosse er
wies, begab sich der neue Landschastsnlathematicus aus den
Weg, der ihn über München 15 ) und Salzburg an seinen Be-
stimmungsort brachte. Er sah sich von seinen neuen Vor
gesetzten freundlich ausgenommen und erhielt die Reisekosten
sofort zurückvergütet "h. Ant 24. Mai 1594 hielt er seinen
ersten Vortrag in der Schule und war damit in die Stellung
eingetreten, welche seinem künftigen Leben die Richtung er
teilen sollte.