Full text: Kepler. Galilei

es dem Hofmathematicus hohe Zeit, sich um einen anderen 
Posten umzusehen, und da Matthias keine Einwendung erhob, 
so kam Kepler mit den Ständen zu einem vorläufigen Ab 
schlüsse. Im Juni 1611 war er selbst in Linz, und da einigte 
mau sich über solgeude Punkte das Solarium solle 
400 Gulden — nebst 100 Gulden Umzugskosten — betragen; 
auch übernahmen die Stände einen Teil der Schuld, in welcher 
noch Kaiser Rudolf bei feinem Astronomen stand. Dafür hatte 
er au der Landschaftsschule Mathematik zu lehren und sich an 
der Herstellung einer „Laudmappe" des Erzherzogtums zu 
beteiligen, während zugleich die Arbeit an den Rudolfinischen 
Tafeln ihren Fortgang nehmen sollte. Halbjährige Kündigung 
war auf beiden Seiten ausbedungen. 
Gerade während dieser Verhandlungen war Keplers Seele 
durch das schwerste Hauskreuz niedergedrückt. Schon gegen 
Ende des Jahres 1610 war seine Gattin durch einen Anfall 
des „ungarischen" Fiebers, verbunden mit epileptischen An 
fällen und tiefer seelischer Verstimmung, niedergeworfen worden, 
und als sie sich kaum ein wenig erholt hatte, brachen die 
Kinderpocken aus, von denen bald die ganze Familie befallen 
wurde. Der kleine Friedrich erlag der Krankheit, und am 
8 . Juli folgte die Mutter nach, ohne über ihr Vermögen, 
welches nicht in die Ehe mitgebracht war, eine Verfügung 
getroffen zu habend). Da stand der arme Witwer mit seinen 
zwei unmündigen Kindern, von Sorgen aller Art gequält; 
nicht einmal der Umzug nach Linz, wo eine bessere Zukunft 
zu winken schien, wollte sich so bald bewerkstelligen lassen. 
Denn der entthronte Kaiser, der im Umgänge mit seinen Ge 
lehrten den einzigen Trost in seinem umdüsterten Dasein sah, 
wollte, nach Keplers eigener Angabe, diesen nicht von sich 
lassen. In solcher Not richtete er nochmals seine Augen hilfe 
suchend nach Württemberg, allein von dort konnte ihni keine 
Rettung kommen, denn die Kirchenräte wußten ja, „daß er ein 
verschlagener Calvinist seyn muefs" 60 ), und damit war über
	        
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