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durch die blosse Gunst der Gnadenwahl oder des Fatums
erlangen und mit Gewissheit zu eigen erhalten könnte.
Sofia: Lass uns bei der Sache bleiben, Saulin!
Saulin: So sagt denn, was für eine Tugend liess Zeus an
dieser Stelle sich einreihen ?
Sofia: Die Massigkeit, die Höflichkeit, die Bildung und
rechte Lebensart, und fortjagte er die Unmässigkeit,
die Ausschweifung, die Roheit, die Barbarei.
Saulin: Warum erhielt denn die Massigkeit denselben Sitz
mit der rechten Lebensart?
Sofia: Weil die Mutter mit ihrer Tochter zusammenwohnen
soll; denn während durch Unmässigkeit in den sinnlichen
und geistigen Affekten Auflösung, Unordnung, Verderb
und Versumpfung kommt über die Familien, Republiken,
bürgerlichen Gemeinschaften und die ganze Welt, so ist
es andrerseits die Mässigkeit, die alles reformiert, was
ich Dir besser begreiflich machen werde, wenn wir später
einmal diese Wohnsitze besuchen werden.
Saul in: Das ist verständig.
Die Fisclie: — Schweigsamkeit.
Sofia: Nun kam man an die Fische: Da erhob sich die
schöne Mutter des Cupido und sprach: ,,Ich empfehle
Euch von ganzem Herzen, bei aller Güte, die Ihr mir
zollt, und aller Liebe, die Ihr für mich hegt, o Götter,
diese meine Taufzeugen, welche jenes grosse Tauben-Ei
an das Ufer des Euphrat wälzten, das in seinem Innern
meine arme Seele verschloss. 1 )“ — „So mögen sie sich
wieder dahin zurückwenden, von wo sie gekommen sind“,
— sagte Zeus, „und es mag ihnen genügen, hier so
lange Zeit gestanden zu haben, und man mag ihnen
das Privilegium bestätigen, dass die Syrer sie nicht essen
dürfen; und sie mögen sich in Acht nehmen, dass nicht
aufs neue irgend ein Weg weisender Götterbote sie fange,
ihnen die Eier ausnehme und daraus eine Metapher
der neuen Barmherzigkeit forme, indem er mit denselben
b Siehe Note 4, Seite 67. 68. zum 1. Dialog, Abschnitt 2.