Full text: Reformation des Himmels

Wer Bruno’s Unsterblichkeitsglauben teilt, dürfte fast an 
eine Wiedergeburt Plotin’s in Bruno, Bruno’s in Schiller denken. 
Wir freilich sind weniger geneigt, an die Reinkarnation 
ver ganglieher, wenn auch noch so genialer Persön 1 ich- 
keiten, als vielmehr an die Unvergänglichkeit und 
ewige Wiedergeburt, der Ideen zu g 1 auben, deren 
Träger sie waren; und weil die Ideengemeinschaft 
und Geistesverwandschaft Bruno’s und Sehiller’s eine so auf 
fallende Thatsache ist, dürfen wir es auch wagen, die Enthüllungs 
feier des Bruno-Denkmals mit denselben Versen zu begrüssen, 
mit welchen gelegentlich der Enthüllung eines Schiller-Denkmals 
einmal Herwegh die geheimnisvolle Eigenart dieses dichtenden 
Denkers geschildert hat. 
Es kam ein Schwan gezogen 
Vom Geisterland, ein wunderbarer Schwan, 
Nach kurzer Rast heimwärts ist. er geflogen — 
Wir rufen ihm auf seine Sternenbahn 
Hinauf den Gruss vom niederen Gestade 
Und denken heut der sonnenhellen Pfade, 
Die er dahinzog, und der lichten Spur, 
In deren Schein verklärt ward die Natur. 
Dicht floss ihm von der reinen Schwinge nieder. 
Dicht strahlt’ er in des Schicksals dunkeln Gang, 
Vom Glanz der Wahrheit blitzte sein Gefieder, 
Und der Gedanke ward bei ihm Gesang, 
Der ihn entzückt in trunk’nem Flug 
Bis vor den Thron der Schönheit trug. 
Der Menschheit Bild in herrlichster Vollendung, 
W ie sich’s in tiefem Schauen ihm enthüllt, 
Zu offenbaren, — das war seine Sendung: 
Er hat sie treu erfüllt. — 
Hegel soll einmal unsern Bruno einen Kometen genannt 
haben, der von der Planetenbahn der sclnilmässigen Philosophie 
weit abgewichen sei, aber vielleicht nach EOO Jahren wiederkehren 
werde. Er hat sich in seiner Rechnung nicht getäuscht. Schon 
bedürfen wir keiner Teleskope mehr, um die neue Welt 
anschauung, die Religion der Wissenschaft, in ihrem Aufgange 
zu erkennen; und deren Morgenstern war und ist Giordano 
Bru no.
	        
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