Meerestiefe gesehen hat. Er selbst als Beschauer braucht nicht aber—
mals im Bilde aufzutreten, um die Zusammengehörigkeit der Gegen—
bilder zu beweisen (wie Panzer meint); das wäre unmöglich gewesen,
denn er war ja in der „Truhe“ verborgen. Er wollte messen die Tiefe
des Meeres, auch darin schauen und erfahren die wilden Meerwunder.
Er ließ sich eine Art Taucherglocke machen, in der er auf den Meeres⸗
grund hinabgelangte; da beobachtete er durch die Glasfenster die Un⸗
geheuer der Meerestiefe. Das Bild stellt nun allerdings nicht den
neugierigen König selbst, sondern was er in der Tiefe sehen konnte,
dar. Es ist ein gemütliches Bild aus dem Familienleben des Wasser—
mannes. Die Frau mit langem Haar und doppeltem Fischschwanz hält
das ebenfalls fischschwänzige Kind auf dem Schoße. Dieses faßt einen
aufwärts strebenden Vogel an den Schwanszfedern. Von der Seite
kommt der Vater, ebenfalls mit langem Haar und Fischschwanz ver⸗
sehen. Der Vogel in der Gewalt des Kindes ist durchaus keine „un—
sössbare Schwierigkeit“ (Panzer!), er ist ein vom Altertum bis in die
neue Zeit herein beliebtes Spielzeug für die Kinder, das auch in Dar—
stellungen der Muttergottes mit, dem Jesuskinde oft zu sehen ist.
der Wassermann macht eine Handgebärde, als spiele er mit, als wolle
er den Vogel zum Singen veranlassen; er ist bereit, sofort zuzugreifen,
wenn der Vogel dem Kinde entkäme.
Wir müssen die beiden Bilder zusammenhalten als zwei Szenen
einer Erzählung. Dann fragen wir, was diese Bilder hier, am Ein⸗
gang und in Bezug auf die Friesbilder bedeuten. Sie erinnexrn an
Alexanders Vorwitz, Dinge zu ergründen, die dem göttlichen Wissen
vorbehalten sind. Wollt ihr wie Alexander freventlich bis in den
Himmel eindringen und in die Tiefen der Unterwelt hinabsteigen, um
aͤlles zu wissen uͤnd nichts mehr zu glauben, so denkt an jenen König,
den die Hoffart blind gemacht hat, und der deshalb nach den größten
Erfolgen elend zu Gruünde ging. Wollt ihr aber mit Bescheidenheit,
hrlihen Bemühen und zäher Ausdauer euer Wissen vermehren und
die höchsten Erkenntnisse und tiefsten Geheimnisse ergründen, dann
lretes in die Schule ein und steiget die mühseligen Stufen empor,
bermehrt euer Wissen in Demut und Fleiß mit Gottes Hilfe.
Die Bilder des Frieses im Durchgang sprechen vom Schulbetrieb,
oom geregelten Streben nach der Wissenschaft; die Außenbilder von der
Aberhebung des Menschengeistes, die zu keinem guten Ende führt.
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