Full text: Kepler. Galilei

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die Heimatsliebe und, sprechen wir es offen aus, die Sehn 
sucht nach einem behaglichen und sorgenfreien Leben hatten 
über die kühle Abwägung der Umstände den Sieg davon ge 
tragen. Die Anstellung au der Universität sollte lediglich 
die Bedeutung einer Titnlarprofessur haben; Galilei war 
nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, Vorlesungen zu 
halten, und dem großherzoglichen Haushalte erwuchs die An 
nehmlichkeit, einen großen Teil der Besoldung eines hohen 
Hofbeamten ans die Kasse der Hochschule abwälzen zu können. 
Alan kann wohl behaupten, daß es nicht ganz loyal 
von Galilei war, sich so brüsk, wie er es gethan, von der 
venetianischen Republik loszusagen, welche dem Bedrängten 
eine Freistätte angeboten und ihm soeben erst eine so stattliche 
Zulage — und zwar auf Lebenszeit — gewährt hatte. 
Demgemäß mag wohl auch der Abschied kein ganz freund 
licher gewesen sein. Dafür spricht einmal der Umstand, daß 
in den Archiven kein ans die Entlassung bezügliches Dokument 
anzutreffen ist' 10 ), und nicht minder die Thatsache, daß Galilei 
seine nachmals gefundene Methode zur Bestimmung der 
Meereslänge verschiedenen Seestaaten, nicht aber der damals 
doch noch hervorragendsten maritimen Macht Italiens anbot. 
Atan würde darin einen Akt auffallender Undankbarkeit er 
kennen müssen, wenn nicht eben anzunehmen wäre, daß es 
beim Abgänge von Padua ernste Verstimmung auf beiden 
Seiten gegeben habe. Daß Galileis Freunde seinen Entschluß 
bedauerten, das wissen wir mit aller Sicherheit, und sie 
hatten Ursache dazu. Zumal Sagredo, der es so ehrlich 
meinte und bei der Gehaltserhöhung als treibender Faktor 
an erster Stelle mitgewirkt hatte 61 ), beklagte den Schritt, 
welcher in seiner Abwesenheit gethan worden war. Als er 
1611 aus der Levante, wohin ihn amtliche Pflichten geführt 
hatten, zurückgekehrt war, schrieb er sofort an Galilei^) und 
wies in seinem Briefe darauf hin, daß in der Hofluft die 
Wissenschaft weit weniger gedeihen werde, als in der freien
	        
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