Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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5) Ibid. S. 195 ff, 
6) Ibid. S. 220 ff. 
7) Ibid. S. 231. 
8) Ibid. S. 252 ff. 
Note 29. 
Wissenschaftliche Astrologie! Diese Wortverbindung scheint 
unseren geläuterten Anschauungen gegenüber so unglücklich wie 
möglich gewählt zu sein, indem es uns nicht glaublich Vorkom 
men will, dass man eine Lehre, welche wir von Kindheit an als 
die Fratze wahrer Wissenschaft zu betrachten gewohnt sind, 
auch noch wissenschaftlich soll behandeln können. Und doch 
verhielt es sich einstens so. Wie überhaupt die geschichtliche 
Verfolgung von Irrthümern in gar manchen Fällen dem Histo 
riker ein noch höheres Interesse bieten kann, als das Studium 
der reellen Fortschritte, so ist es auch in diesem Falle wieder. 
Wir nehmen die merkwürdige freilich auch sonst zu constati- 
rende Erscheinung wahr, dass sich der Mensch willkürlich eine 
Keihe fixer Ideen schafft, an deren Existenzberechtigung zu rüt 
teln ein für allemal verpönt ist; auf dieser Basis haltloser Vor 
stellungen ward dann streng logisch weitergearbeitet, und der 
ganze Apparat der ernstesten aller Wissenschaften wird in Be 
wegung gesetzt, um die richtigen Consequenzen eines falschen 
Axiomcs bis in die feinsten Details auszuspinnen. Diess ist der 
wahre Charakter jener astrologischen Wissenschaft, deren gänz 
liche Ignorirung jedem Lehrbuch der angewandten Mathematik 
bis herein in’s vorige Jahrhundert zum Vorwurfe gemacht wor 
den wäre. 
Die Sterndeutekunst stammt bekanntlich aus den ältesten 
Zeiten; durch den alexandrinischcn Astronomen Ptolomäus er 
hielt sie den ersten wissenschaftlichen Firniss. Von jener Zeit 
ab erscheint sie als mathematische Wissenschaft, ja in den Augen 
vieler als die eigentliche Quintessenz der Mathematik *). Ganz 
*) In diesem Sinne bandelt ein ganzer Titel des justinianischen Codex 
(IX. E. 18) „de maleficis et mathematicis." Immerhin ist der Gesetzgeber 
so liebenswürdig, der „mathematischen“ (auch chaldäischcn, i. e. astrologi 
schen) Kunst, welche in den römischen Staaten zu exstirpiren ist, die „geo 
metrische“ gcgenüberzustellcn, welche etwas ganz Nützliches sei. Wie
	        
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