Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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eine oft recht ansehnliche Summe wissenschaftlicher Ergebnisse 
als erfreuliches Ueberbleibsel herausgeschält. 
Die bisher wenn auch freilich nur sehr summarisch discu- 
tirten Beispiele haben vielleicht den Zweck, welchen wir im Ein 
gänge andeuteten, sich dienlich erwiesen; für den Sachkenner 
bieten die angehängten Noten manche vielleicht neue Bemerkung. 
Unser Versuch ist geglückt, wenn uns der angestrebte Nachweis 
gelungen sein sollte, dass eine in weiteren und wohl auch in 
Fachkreisen noch nicht hinlänglich gewürdigte Seite wissenschaft 
licher Arbeit auf universellere Bedeutsamkeit Anspruch machen 
darf, dass zur Erkenntniss der Völker- und Menschenseele in 
ihrer Verschiedenheit nach Raum und Zeit die Geschichte der 
Mathematik keinen unwesentlichen Faktor bildet. 
Note 1, 
Bis zur Mitte des siebzehnten Jahrhunderts etwa musste je 
der Unterricht bis auf die Quellen selbst zurückgehen, wenn er 
nicht lediglich in unselbstständiger Anlehnung an Commentatoren 
bestehen sollte. Galt diess in gewissem Grade für alle Wissen 
schaften *), so besonders für Medicin, Naturwissenschaften und 
Mathematik. Was erstere betrifft, so hatte sich eine starke Par 
tei von der griechisch-römischen Quelle losgesagt und den Ara 
bern in die Arme geworfen; das sechzehnte Jahrhundert hin 
durch währte der Kampf um die Präponderanz antiker und ara 
bischer Literatur, welcher in Deutschland hauptsächlich durch 
den energischen weitsichtigen Leonhard Puchs — zu Gun 
sten der ersteren entschieden ward. Hippocrates und Galen 
drängten den bereits mächtig gewordenen Avicenna zurück, 
und mochte diess Verhältniss auch für die leidende Menschheit 
gleichgültig sein, für die Belebung echt naturwissenschaftlichen 
Sinnes blieb es sicher nicht ohne grossen Werth, Die Natur- 
*) Die Theologie und Philosophie hatte um jene Zeit allerdings bereits 
angefangen, sich ihren natürlichsten Vorbildern zu entfremden; der Professor 
der heiligen Schrift trat immer mehr in den Hintergrund gegen seinen die 
„Sententiae“ des Petrus Lombardus docirenden Collegen, und in der Philoso 
phie verschwand die eigentlich aristotelische Logik und Metaphysik mehr und 
mehr in dem scholastischen Wüste, mit welchem mehr denn fünfzehn Jahrhun 
derte sie versetzt hatten.
	        
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