Zweiter Abschnitt. § 3. Gesetze der Maguetisirung d. Elektromagnete.
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§3.
Gesetze der Magnetisirung der Elektromagnete.
1. Der Sättigungszustand. Wenn wir uns der theoretischen Ansicht
anschliessen, dass ein durch den galvanischen Strom magnetisirter Eisen
stab dadurch magnetisch wird, dass die Molekularmagnete gerichtet
werden, so ergiebt sich daraus, dass ein Eisenstab dann das absolute
Maximum seines Magnetismus haben muss, wenn alle Molekularmagnete
senkrecht auf die Stromesrichtung gestellt sind. Es folgt hieraus, dass
ein Eisenstab nicht immerwährend an Magnetismus zunehmen kann mit
beständiger Steigerung des Stromes. Da nun ferner nach dieser Theorie
das Eisen dadurch wieder unmagnetisch wird, dass die Molekularmag
nete durch den gegenseitigen Einfluss auf einander wieder
in ihre ursprüngliche Lage zurückkehren, so muss dieser Einfluss der
Moleküle auf einander auch bewirken, dass die Theile um so weniger
dem richtenden Einflüsse des Stromes folgen, je mehr sie bereits aus
ihrer Ruhelage gebracht sind, d. li. je stärker der Strom ist. Man wird
einsehen, dass sämmtliche Gesetze über die Steigerung des Magnetismus
in Eisenkernen modificirt werden müssen durch den Einfluss dieser dem
Magnetismus entgegenwirkenden Kraft. Dass aber eine solche Modifi-
cation der Gesetze in der That stattfindet , haben hinsichtlich der Strom
stärke Joule 1 ) und Müller 1 2 ) experimentell nachgewiesen.
Wir haben vorn bei Stahlmagneten den Zustand derselben Sätti
gung genannt , wenn sie bei Anwendung einer stärker magnetisirenden
Kraft nicht mehr stärkern Magnetismus annehmen, und in Bezug hierauf
ist das Wort auch vollständig bezeichnend. Nun verhält sich aber bei
den Elektromagneten die Sache etwas anders. Wenn nämlich bei einem
einigermassen starken Magnetkerne die magnetisirende Kraft gesteigert
wird, so beobachtet man bis zu einem ziemlich hohen Grade eine Pro
portionalität des Magnetismus mit der magnetisirenden Kraft, dann aber ein
Zurückbleiben des Magnetismus gegen diese Kraft. Diese Erscheinung
ist eben eine Annäherung an die Sättigung, und man hat sie den Sätti
gungszustand genannt, der in desto höherem Grade hervortritt,
je mehr die magnetisirende Kraft wächst.
1 ) Philos. Mag. (4) II. pag. 306; Dub, Elektrom. pag. S6.
2 ) Pogg. Ami. 79. pag. 338; Dub, Elektrom. pag. 89.