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Einleitung und Zielsetzung
Im Kapitelsaal der ehemaligen Prämonstratenser-Abtei Rommersdorf, die in
der Nähe von Neuwied/Fed.Rep.of Germany gelegen ist, sollten Restaurie-
rungsarbeiten durchgeführt werden. Die dreischiffige Säulenhalle (Fig.1)
mit ihren vier Jochen je Schiff wird auf die Jahre 1219-1220 n.Chr.
datiert(/15/ Schulze 1981). Wegen des Detailreichtums wurde der Fußboden
photogrammetrisch dokumentiert. So konnte gewährleistet werden, daß die
geometrischen Muster des FuBbodenmosaiks (Fig.2), das in verschieden
farbigen, glasierten und ornamentierten Tonfliesen angelegt ist, und das
an einigen Stellen Beschädigungen oder gar Zerstörungen aufweist, stil-
echt rekonstruierbar wird. In seiner zusammenhängenden Größe ist dieser
Fußboden einmalig in Deutschland und stellt daher einen bauhistorisch
herausragenden Wert dar.
Der gesamte Saal, dessen Grundfläche lo m x 13 m beträgt und der von
ZWÔ1f Kreuzgewôlben in ca. 5 m und von Gurtbôgen in ca. 4 m Höhe über-
spannt ist, wird von zwei gemauerten Stufen umrandet. An der Stirnwand
gegenüber dem Eingang erhebt sich der Abtsitz. Stufen und Abtsitz sind
ebenfalls mit Tonfliesen ausgelegt und werden von Eichenbohlen einge-
faBt.
Neben der Schaffung von PaBpunkten zur Stereokartierung und Entzerrung
des Fußbodens wurde hier von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, über einen
flächenhaften Bildverband eine Simultankalibrierung der benutzten Teil-
Meßkammer Rlleiflex SLX (/7/Wester-Ebbinghaus 1981) durchzuführen. Die
hierzu erforderlichen äußeren Bedingungen werden unter 2. noch besprochen.
Es kann eine vollständige Kalibrierung (Bestimmung der Kammerkonstante,
der Hauptpunktlage und Verzeichnungsparameter) bei unterschiedlichen
Einpaßinformationen gezeigt werden.
Aufnahmestrategie und Datenaufbereitung
Die verwendete mittelformatige Teil-Meßkammer Rolleiflex SLX (Reseau
mit 36 Kreuzen, Bildformat 6 x 6 cm“), war mit einem Weitwinkelobjektiv
Distagon 40 ausgerüstet. Zur Aufnahme wurde der serienmäßige Schwarz-
WeiB-Rollfilm Agfapan 25 (25ASA, Fa.Agfa-Gevaert) eingesetzt.
Um die Vorteile dep freien Stationierung nutzen zu kónnen, wurden die
Aufnahmen von einem für diesen Zweck konstruierten hochbeinigen, stufen-
los verstellbaren Holzstativ aus belichtet (/3/Kleinmann 1981), wobei
über elektrischen Fernauslöser synchron mit dem Verschluß vier Studio-
blitze ausgelöst wurden. Außerdem war die Rolleiflex SLX über eine beweg-
liche Halteplatte um bis zu 158 gegenüber der Nadirrichtung neigbar. So*
konnte mit zwei leicht konvergenten Stereophotos je Kreuzgewólbe und acht
Verbindungsphotos unter den Gurtbógen (vel.Fig.3) ein stabiler Bildver-
band erzielt werden. Die Làngsüberdeckungen schwanken zwischen loo % bei
Konvergentaufnahmen und 70 $ bei Verbindungsaufnahmen, die Querüber-
0,
deckungen liegen bei 3o - 4o %. Bei einer Kammerkonstante von etwa
40,7 mm lag de» Bildmafstab aller Aufnahmen bei ca. 1 : 95.
Die zur Bestimmung der Kammerkonstante notwendige Tiefenstaffelung im
Objektraum war durch die ca. 1 m hohen Wangen links und rechts des Abt-
sitzes und der Eingangstür (vgl.Fig.4), durch zusätzliche, 1,3 m Lange,
an die Säulen gestellte Vertikalmaßstäbe und für die vier zusätzlichen
Kalibrierungsaufnahmen (Fig.5) durch je vier weitere bis 1,8 m lange,
vertikale Maßstäbe sicher gestellt, die auch als Paßstrecken dienten.
Die Ermittlung der Lage des Bildhauptpunktes wurde durch die Vorgabe
zweier Nadirrichtungen (in Öl gedämpfte Flügellotschnüre mit Zielmarken)
und, gemäß einem Vorschlag von Prof.Kupfer, durch die Kantung der Kammer
auf den beiden Standpunkten für Kalibrierungsaufnahmen (Drehung um
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