liebig genau gemessen werden, aber stets nur auf Kosten der
Genauigkeit der anderen.
So seltsam diese Behauptung klingt, so deutlich wird sie
durch verschiedene Tatsachen bestätigt. Dafür nur ein Beispiel.
Die direkteste und feinste Messung der Lage eines Massen-
punktes geschieht auf optischem Wege, entweder durch direktes
Anvisieren mit bloßem oder bewaffnetem Auge, oder durch eine
photographische Aufnahme. Dazu muß man den Punkt be-
leuchten. Dann wird die Abbildung um so schärfer, also die
Messung um so genauer ausfallen, je kürzere Lichtwellen ver-
wendet werden. Insofern kann man die Genauigkeit beliebig
weit steigern. Aber sie hat ihre Kehrseite: die Geschwindig-
keitsmessung. Bei größeren Massen darf man die Einwirkung
des Lichtes auf das beleuchtete Objekt vernachlässigen. Anders
ist es aber, wenn man als Objekt eine sehr kleine Masse, z. B.
ein einzelnes Elektron wählt. Denn jeder Lichtstrahl, der das
Elektron trifft und von demselben zurückgeworfen wird, erteilt
ihm einen merklichen Stoß, und zwar um so kräftiger, je kürzer
die Lichtwelle ist. Daher wächst mit der Kürze der Lichtwelle
zwar die Schärfe der Ortsbestimmung, aber auch in entspre-
chendem Verhältnis die Unschärfe der Geschwindigkeitsbestim-
mung. Und ebenso ist es in ähnlichen Fällen.
Im Lichte dieser Anschauung bildet die klassische Mechanik,
die von unveränderlichen, scharf meßbaren mit bestimmter
Geschwindigkeit bewegten Korpuskeln ausgeht, nur einen
idealen Grenzfall. Derselbe ist verwirklicht, wenn das betrach-
tete Gebilde eine verhältnismäßig große Energie besitzt. Dann
werden nämlich die diskreten Eigenwerte der Energie nahe
beieinander liegen, ein verhältnismäßig schmales Energiebereich
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